- 334 -Müßgens, Bernhard / Gieseking, Martin / Kautny, Oliver (Hrsg.): Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft 
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Musik ist Meyer-Eppler und der Informationstheorie zwar ein Kapitel gewidmet, ohne aber den Zusammenhang dieser Theorie mit Eimerts Musik aufzuzeigen (vgl. Eimert/Humpert, 145ff.). Auch zum Thema ›Sprachklänge‹ findet man diesbezüglich keinen Hinweis auf Meyer-Eppler (vgl. ebd., 320f). 1962 schreibt Eimert in seinem Nachruf , die Leistung Meyer-Epplers habe darin bestanden, ein überkommenes Denken zu überwinden,

»das die alte klassische Unterscheidung zwischen akustischem und musikalischem Hören hinter sich gelassen und sich einem aufmerkenden, konzentrierten und scharf diagnostizierenden Hören zugewandt hat.« (Eimert 1962, 6)

Von Meyer-Epplers direktem Einfluß auf ihn kann man aus Eimerts Nachruf nichts erfahren. 1972 beschreibt Eimert noch einmal die Anfangszeit 1952: »Grotesker Höhepunkt dieser Phase war im November 1952 eine von mir als Zuhörer registrierte Vorführung Meyer-Epplers.« (Eimert 1972, 42) Möglicherweise distanzierte Eimert sich in dieser Phase tatsächlich mehr und mehr von Meyer-Epplers musikalischer Konzeption – auffallend ist aber die pejorative Darstellung insgesamt. In diesem späten Aufsatz von 1972 wird Meyer-Epplers Klangforschung an keiner Stelle gewürdigt, was insofern verwundert, als diese für Eimert zumindest eine Zeitlang von Bedeutung war. Zwei Gründe scheinen für Eimerts Darstellung bedeutsam: Erstens entwickelte sich die elektronische Musik schon 1953 sehr schnell weg von den reinen Klangkompositionen und entfernte sich damit von Meyer-Epplers Klangvorstellungen. Dessen Modelle stießen z.B. bei Pierre Boulez auf scharfe Kritik, der sich 1952 negativ über Eimerts/Beyers Spiel für Melochord äußerte (vgl. Ungeheuer 1996, 78). Der ästhetische Weg führte vielmehr zum Sinuston und seiner seriellen Verarbeitung. In diesem Kontext war Meyer-Epplers Musik indiskutabel und überholt. Eimerts Verwendung dieses Materials verlieh seinen Stücken vor allem in der Rückschau nicht gerade das Prädikat musikalischer Avantgarde. Zudem kam es zwischen ihm und Stockhausen zu Meinungsverschiedenheiten, so daß Eimert 1972 seine Verdienste um die ›Erfindung‹ elektronischer Musik verteidigte, die Stockhausen ihm aus seiner Sicht streitig zu machen versuchte (vgl. Eimert 1972, 42ff.). Vor diesem Hintergrund wird Eimerts einseitige Geschichtsschreibung nachvollziehbar. Seine Intention, sich selbst als Pionier der elektronischen Musik zu würdigen, läßt die Rolle Meyer-Epplers für seine eigene Entwicklung in den Hintergrund treten.


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