Kaum läßt Eislers Affinität für kammermusikalische Besetzungen und Fakturen sich ohne Schönbergs erste Kammersymphonie, ohne die Kompositionen von Webern, ohne die Aktivitäten des Vereins für musikalische Privataufführungen, auch ohne die Einrichtungen sinfonischer Werke für Kammerensemble verstehen.

5. Ist vom Einfluß der zweiten Wiener Schule die Rede, so läßt Eislers Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht sich nicht aussparen: Brechts Maximen dialektischen Theaters, daraus abgeleitet Parameter seines unprofessionellen, daher riskanten und erfrischend weitreichenden Musik-Denkens habe ich andernorts erörtert (vgl. Rienäcker 1985, 1997, 1999); vielerorts kommt Eisler auf seine Vorstellungen gestischen Musizierens zurück: Beiden gemeinsam der Begriff des Referierens und des Gestus in der Musik, beiden gemeinsam die Anweisung des sogenannten V-Effektes, beiden gemeinsam die Lust am Widerspruch. Und, als nicht unerhebliches Bezugsfeld der Musik, des Theaters, ihre Affinität zu J. S. Bach und W. A. Mozart.

Literatur

Adorno, Theodor W. 1951, 1977: »Bach gegen seine Liebhaber verteidigt« (1951). In: Th. W. Adorno, Gesammelte Schriften , Bd. 10.1; Frankfurt/Main 1977. S. 138–151.

Berg, Alban: »Die musikalische Impotenz der ›Neuen Ästhetik‹ Hans Pfitzners«. In: W. Reich, Alban Berg , Wien 1937, S. 181–192.

Brecht, Bertolt 1935, 1993: »Über die Verwendung von Musik für ein episches Theater« (1935). In: B. Brecht, Schriften Bd. 2.1., Frankfurt/Main 1993. S. 155–164.

Brecht, Bertolt 1948, 1993: »Kleines Organon für das Theater«. In: B. Brecht, Schriften, Bd. 3, Frankfurt/Main 1993. S. 65–97.

Bunge, Hans: Hanns Eisler, Gespräche mit Hans Bunge. Leipzig 1975.

Czipak, Karoly: Zur Wiedergabe von Eislers Liedern. Ms. Berlin 1998.

Danuser, Hermann (Hrsg.): Musikalische Interpretation (Neue Handbücher für Musikwissenschaft, Bd. 11), Laaber 1992.

Danuser, Hermann: »Interpretation.« In: Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Bd. IV, Kassel etc. 1996, Sp. 1053 ff.