Thomas Eickhoff Wirken Komponisten als Lehrer, so drängt sich unter dem Aspekt musikpädagogischer ›Spurensuche‹ die Frage geradezu auf, welchem musikalischen Einfluß sie sich als Kompositionsschüler im Zuge ihres eigenen Studiums durch eine bestimmte ›Lehre‹ oder ›Schule‹ aussetzten und welche prägenden Einflüsse jenen Zeitraum bestimmten. Ausgehend von der Prämisse, daß die Synthese aus schöpferisch-kreativem und musikwissenschaftlich-pädagogischem Auftrag ein Signum des Wirkens von Brunhilde Sonntag als Komponistin und Hochschulprofessorin darstellt (vgl. dazu auch die Ausführungen von Bernhard Müßgens in diesem Band), möchte der vorliegende Beitrag dem dialektischen Verhältnis von ›Lernen und Lehren‹ am Beispiel der kompositorischen ›Ahnenreihe‹ Brunhilde Sonntags nachspüren, will sagen: Am Beispiel portraitierender Quellentexte die pädagogischen Ursprünge, Erfahrungen und Einflüsse ihres Wiener Lehrers Gottfried von Einem (1918–1996) einschließlich seiner weitreichenden Begegnung und Prägung durch den als Kompositionslehrer international angesehenen Boris Blacher (1903–1975) erhellen. Hierbei mag als Ausgangspunkt zunächst Brunhilde Sonntags eigene als prägend empfundene Phase ihres musikalischen Werdegangs dienen, entsprechend ihrer persönlichen Schilderung1 »Für meine musikalische Weiterbildung bedeutete Wien die Offenbarung. In äußerster Konzentration holte ich das Kennenlernen von Musik nach. [...] Der Unterricht bei Gottfried von Einem, der mich nach einem persönlichen Gespräch in seinem Hause dazu einlud, war dann die entscheidende und prägende Beeinflussung meiner Wiener Zeit. Er praktizierte jene Form von Unterricht – man kennt dies aus vielen Musikerbiografien –, die nicht durch pure Vermittlung von Wissen gekennzeichnet ist, sondern die Entfaltung der schöpferischen Qualitäten |