Durch
Kreislers typische Art des schwarzen Humors fühlten sie sich in ihrer
unbeschwerten Lebensart und -einstellung verunsichert. Zudem war die Verbindung
von schwarzem Humor und Musik im Lied eine Neuheit, die bei den Wienern auf
Mißtrauen und Skepsis stieß. Sie entsprach nicht den damals gängigen
Moral- und Wertvorstellungen.
Kreislers Stil sorgte für Aufsehen und Diskussionen. Auch wenn heute
viele seiner Lieder als ›normal‹ und unbedenklich eingestuft werden, zählten
sie in den Nachkriegsjahren in Österreich und Deutschland zu einer neuen
Art der Kleinkunst. Sie stellen einen entscheidenden Teil der deutschsprachigen
Kabarettgeschichte dar, und seine alten und aktuellen Lieder beeinflussen
und prägen auch heute noch die Kabarett-Szene.
Sein politisches Engagement steht zum einen in der Tradition der Kabarettisten
Aristide Bruant, Frank Wedekind, Hans Hyan, Walter Mehring und Karl Kraus;
zum anderen entwickelte er einen unvergleichlichen, eigenen Stil.
»Seine Arbeitsweise zeichnet sich durch Sorgfalt und Genauigkeit
aus, wobei sein musikalischer und sprachlicher
Witz durch eine vielschichtige Aussageabsicht
gekennzeichnet ist. Georg Kreisler ist
nicht nur Dichter, Musiker, Kabarettist und Chansonnier, sondern
vor allen Dingen ein Alleinunterhalter, der
seine vielseitigen Talente auf unverwechselbare
Art und Weise verbindet, ohne sich dabei
überheblich in Szene zu setzen.«
(Rösler in: Kreisler, Ich hab ka Lust,
165)
Abschließend führe ich eine Charakterisierung Kreislers an,
die sein Hauptanliegen treffend wiedergibt:
»Georg Kreisler ist ein sehr empfindsamer Mensch. Der Schrecken der
Vergangenheit, die Leere der Gegenwart, die
Ungewißheit der Zukunft und die
Gewißheit des Wiederholbaren, all das sitzt wie ebensoviele
Dolche in seiner Seele, macht ihn zum Abbild
all derer, die denken und fühlen
wie er, aber nicht seine Gabe des schöpferischen Ausdrucks
haben. Der Dichter-Musiker, der Kabarettist-Moralist
hält uns den Spiegel vor, flüstert
uns ins Ohr: ›Das bist du! Du kannst lachen oder
weinen über das, was du siehst, aber eines darfst du nicht – gleichgültig
bleiben!‹«
(Otten in: Kreisler, Zwei alte Tanten, 11)
Liedtextsammlungen und Romane von Georg Kreisler
-
Kreisler, Georg: Der guate, alte Franz. Sanssouci Verlag, Zürich 1962.
-
Kreisler, Georg: Lieder zum Fürchten. Sanssouci Verlag, Zürich
1964.
-
Kreisler, Georg: Nichtarische Arien. Sanssouci Verlag, Zürich 1967.
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