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Marion Seidel

Der Wiener Kabarettist Georg Kreisler

1 Einleitung

Der folgende Beitrag gibt Einblick in Leben und Werk des Kabarettisten, Komponisten und politischen Liedermachers Georg Kreisler, der zudem auch Autor von mehreren Büchern ist. Der Versuch, eine geeignete Berufsbezeichnung für den vielseitigen Künstler zu finden, fällt schwer. Seine rund 600 Chansons und eine große Anzahl von Satiren lassen sich nicht ohne weiteres unter einem Sammelbegriff zusammenfassen. Hans Weigel stellte schon 1972 fest, was durchaus immer noch zutrifft:

»Georg Kreisler spottet jeder Klassifikation. Mit dem Etikett ›Kabarettist‹ ist nichts gesagt, und der Gattungsname ›Chanson‹ trifft seine Werke nur oberflächlich. Er ist, obschon von Beruf Musiker und als Verfasser von Texten Autodidakt, ein bedeutender Lyriker und gehörte als solcher längst in die Literaturgeschichte... Und hier muß spätestens das Wort ›Satire‹ gesagt sein: doch auch damit kommen wir dem Geheimnis Kreislers nur näher, nicht nah.«  (Weigel in: Kreisler, Ich weiß nicht, 150)

Kreislers Schaffensperioden werden von den unterschiedlichsten Lebenssituationen und gesellschaftspolitischen Geschehnissen stark beeinflußt. Die Ereignisse in Privat- und Berufsleben sind unmittelbar miteinander verbunden, so daß die Persönlichkeitsentwicklung Einfluß nimmt auf den typischen Stil, die Art und Weise des Vortrags und die Aussageabsicht eines Künstlers und im besonderen eines Kabarettisten, der wie Kreisler sein Publikum nicht nur unterhalten, sondern zum Nachdenken und Handeln anregen will.

»Wer ihm das erste Mal begegnet, sieht sich einem freundlichen Herrn in den besten Jahren mit nachsichtig-weisem Lächeln, melancholischen Augen, gepflegter Sprache und bedachten Bewegungen gegenüber. Die Sensibilität und Empfindlichkeit Georg Kreislers, die ihn zu seinen bösen Attacken und kritischen Betrachtungen treibt, sein skurriles, in überraschenden Sprüngen und Kapriolen sich überschlagendes Talent wird erst später deutlich. Denn Georg Kreisler gehört nicht zu jenen, die mit knallharten Sensationen um sich werfen. Er verlangt von seinem Publikum Bereitschaft, Geduld und die Fähigkeit, aus scheinbaren Nebensächlichkeiten auf das Ganze zu schließen.« (Schmölzer, 91)


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