Unterrichtes von
ihrer ›früheren Existenz‹ als Pianistin, die unter berühmten Dirigenten
konzertiert und viele Werke der Moderne zuerst aufgeführt hatte, ein
Zeichen des Vertrauens zu ihren Schülern und der verhaltene Versuch,
uns wissen zu lassen, wer sie war. Daß sie eine bedeutende Komponistin
war, konnten wir allerdings nur ahnen, denn über ihre Kompositionen
sprach Ilse Fromm kaum. Ihr Stolz verbot ihr wohl, einem Gefühl der
Kränkung Raum zu verleihen.
Dabei war sie in dieser Zeit mit der Komposition ihrer
Symphonie beschäftigt, die 1938 abgeschlossen wurde. Und 1944
komponierte sie die Musica Larga für Klarinette
und Streichquartett. Diese beiden Werke von tiefem Ernst entstanden in den
Jahren der höchsten Bedrohung durch Bombenkrieg und politische Gewalt.
Sie zeugen in beeindruckender Weise davon, wie die Komponistin in der Konzentration
auf ihre innere geistige Welt es vermochte, die Kraft ihres Schöpfertums
den zerstörerischen äußeren Umständen entgegenzusetzen.
Von großer Bedeutung wurde für sie damals die Wiederbegegnung
mit dem seit langem befreundeten Dichter und Komponisten Frank Wohlfahrt.
Ilse sagte dazu: »Er hat mit seinem überragenden Können,
seinem Idealismus und seinem Interesse an meiner Musik ein ganz neues Komponieren
in mir erweckt, und so entstanden in den schwersten Jahren meine besten und
reifsten Werke, und ich habe oft an den Noten bei Bombenangriffen im Bunker
geschrieben.«
Die Symphonie in c
op. 19 für Orchester mit großer Bläserbesetzung besteht der
Tradition folgend aus Introduktion und vier Sätzen, die aber in enger
Verknüpfung der thematischen Gedanken zu einer stringent sich entwickelnden
großen Einheit zusammengeschlossen sind. Vorangestellt ist dem Ganzen,
quasi als Devise, ein von den Blechbläsern im Unisono vorgetragenes
zwölftöniges Thema. Aus seinem Material und einem in der Introduktion
exponierten an Bruckner erinnernden Quintmotiv, gefolgt von einer Sekundbewegung
wird in überaus dichter thematisch-motivischer Arbeit und großer
Farbigkeit der Instrumentation der gesamte Bau des komplexen Werkes mit den
unterschiedlichen Charakteren seiner Sätze errichtet. Mit diesem großangelegten
Werk hat Ilse Fromm-Michaels in der sehr persönlich geprägten Verbindung
von Formprinzipien spätromantischer Sinfonik und einer in harmonischer
Hinsicht modernen, freitonal-chromatischen Tonsprache, sowie der Spannweite
der Emotionen dem Bewußtsein ihrer Zeit Ausdruck verliehen. Es ist die
Sinfonie einer Frau, so die Formulierung eines Kritikers nach ihrer Uraufführung
1946 in Hamburg, »deren Ernst und charaktervolle Größe die
Meinung, nur männliche Energien vermöchten Symphonien zu schaffen,
widerlegt.«
Anders die Musica Larga
von 1944. Dieser mit ›Largo con gran espressione‹ überschriebene Satz
für Streichquartett und Klarinette gemahnt in