ihren Mann definiert, sondern ihr eigenes Schicksal in die Hand nimmt, verneint
nach Wagner die ihr zukommende Rolle in der Natur, die Leben spendende Mutter.
Daher empfindet Wagner eine solche Frau als Bedrohung seiner Existenz. Die
politische Frau richtet sich seiner Meinung nach gegen das Leben selbst,
sie wird zur Vernichterin, so auch Ortrud in Lohengrin
. In der ganzen Emotionalität, mit der sich Wagner gegen eine solche
Frau ausspricht, ist die tiefe Furcht vor ihr zu spüren. Gleichzeitig
scheint er von ihr fasziniert zu sein. So spricht Wagner von Ortrud als »furchtbar
großartig.« (ebd.) Wenn er in dem Brief sehr überzeugend
seine Abneigung gegen die ›politische‹ Frau äußert, ist in dieser
Aussage eine Ambivalenz zu spüren. So sehr er die ideale Frau Elsa herbeisehnt,
so kann er sich trotzdem nicht ganz von der Anziehungskraft einer unabhängigen
und starken Frau freisprechen.
3.3
Wagners Frauenbild
Offen bleibt noch die Frage, ob Wagners Frauenbild, dass er in seinem Werk
zeigt, auch für seine eigene Lebenswirklichkeit gilt. Wie Schreiber
glaubt, will Lohengrin Elsas Individuation als geschlechtsbestimmtes Wesen
verhindern. Das von der Gesellschaft gezeichnete Wunschbild der Frauen in
Wagners Zeit nahm das Geschlechtliche jedenfalls stark zurück. Vielmehr
war der mädchenhafte und zugleich mütterliche Typ gefragt. Als
Minna und Richard sich kennenlernten, entsprach Minnas Erscheinungsbild genau
der damaligen Wunschvorstellung einer Frau. Sie war sowohl mädchenhaft,
als auch gleichzeitig mütterlich (vgl. Gregor-Dellin 1976, 96). Ebenso
führten Richard und Minna keine gleichberechtigte Beziehung. Wie Elsa
in ihrer Beziehung zu Lohengrin hatte Minna sich Wagners Wünschen unterzuordnen.
Er sah es nicht gerne, dass seine Frau arbeitete und zeitweise sogar erfolgreicher
war als er. Sein Ego fühlte sich verletzt, wenn er nur durch Minna zu
einer Anstellung gelangte. Schließlich verbot Wagner seiner Frau, weiter
in ihrem Beruf tätig zu sein, obwohl es eine finanzielle Erleichterung
für den überschuldeten Haushalt des Ehepaares bedeutet hätte.
Auch hatte Minna in Wagners Augen ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen
und ganz für seine Sache zu leben. Solange etwas gut für das Schaffen
Wagners war, so hatte auch Minna dies gut zu heißen, selbst wenn es
erhebliche finanzielle und auch gesundheitliche Probleme für sie mit
sich brachte. Kritik an seiner Person und seinem Schaffen duldete Wagner
nicht. Minna aber hat sich nie in der Weise untergeordnet, wie Wagner es
sich wünschte. Sie sagte oft ihre Meinung und machte ihm wohl auch einige
Vorhaltungen, wenn sie mit seinem Handeln nicht einverstanden war. So kam
es zu häufigen, teilweise
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