- 111 -Müßgens, Bernhard: Musik und Angst 
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Livland die Todesstrafe abgeschafft. Der Bestrafte wäre zweifellos hingerichtet worden. Für Lenz wird der Fall zum Gegenstand seines ersten Dramas, eines Rührstücks mit dem Titel Der verwundete Bräutigam. Sein Gedichtzyklus Die Landplagen, der während der Dorpater Zeit entsteht, handelt von Gewalt, Krieg, Not, Mord an Kindern. "Die Kritik des Provinzblattes wird schreiben, daß man den jungen Dichter wie die Heuschrecken zu den Landplagen zählen müßte" (Damm, "J. M. R. Lenz" 709).

     Im Herbst 1768 beginnt Jakob Lenz das Studium in Königsberg. Aus Anlaß der Ernennung Immanuel Kants zum Professor überreicht Lenz ihm eine Huldigungsode im Namen aller "studierenden Cur- und Livländer" (Damm 710). Er beginnt mit der Arbeit an der Komödie Der Hofmeister, ist oft allein, arbeitet auch im Lärm und Gelage der Studierenden vertieft, erträgt Spötteleien mit großer Geduld und gilt als Außenseiter. Der Lehrbetrieb der Akademie interessiert ihn wenig. Bald hört er nur noch die Vorlesungen Immanuel Kants, die ihn zu selbständigem Denken ermutigen. Mit Kant, der ihn auf eine Stelle nach Danzig empfiehlt, muß er Zukunftspläne beraten haben. Ein ablehnender Bescheid des Vaters nennt den Namen des Professors. Der Vater verlangt, daß Jakob das Theologiestudium zu einem von ihm festgesetzten Termin beendet und nach Hause zurückkehrt.

     Lenz flüchtet. Als Reisebegleiter der Barone von Kleist verläßt er Königsberg. Auf dem Weg nach Straßburg besucht er Ramler und Nicolai. In den folgenden fünf Straßburger Jahren entsteht sein umfangreiches Werk: "Tragikomödien, Komödien, Nachdichtungen, Übersetzungen, mehrere Dramenentwürfe, und Fragment gebliebene Stücke, lyrische und erzählerische Prosa, Verse von großer Zartheit und Gefühlsintensität, ästhetische und gesellschaftspolitische Schriften" (Damm, "J. M. R. Lenz" 712). Als besserer Bediensteter der Barone und durch Stundengeben verdient er sein Auskommen. In einem kulturpolitisch interessierten Kreis, den er organisatorisch betreut, hält er Vorträge. 1774 erscheinen Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung, Der neue Menoza oder Geschichte des Cumbanischen Prinzen Tandi, die Anmerkungen übers Theater sowie die Lustspiele nach dem Plautus fürs deutsche Theater (Damm 713).

     Lenz wird in Deutschland bekannt. Lavater rühmt nach einem Besuch sein Genie, ebenso der nahezu gleichaltrige Goethe. Johann Heinrich Merck und die Brüder Stolberg lernt er kennen. Wagner und Klinger ahmen seinen Hofmeister nach. Im Sommer 1771 treffen sich Goethe und Lenz in Straßburg. Lenz ist von den Leiden des jungen Werther begeistert. Goethe berät ihn bei seiner Plautusbearbeitung und vermittelt zu Verlegern. Während Nicolai in der Allgemeinen Deutschen Bibliothek die "Zerfahrenheit" der Dramen und Wieland ihre "unnatürlich übereilte Entwicklung" kritisiert, äußern sich Hamann, Schubart und andere begeistert. Dennoch sind


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