- 11 -Merten, Jessica: Semantische Beschriftung im Film durch "autonome" Musik 
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1.  »Filmmusik«: Theorien und ästhetische Modelle

Zur Begriffsbestimmung und formalen Charakterisierung von Filmmusik werden in vielen wissenschaftlichen Ausführungen immer wieder gerne die historischen »Klassiker« der Filmtheorie bzw. der Filmmusiktheorie herangezogen, die heute noch zum Teil Gültigkeit beanspruchen. Da ihre Ausführungen in vielen Aspekten auch für diese Arbeit nicht ganz unerheblich sind, sollen sie daher auch hier zunächst erörtert werden. Die folgenden ästhetischen Modelle betreffen sowohl eine phänomenologische wie auch in Ansätzen eine funktionale Charakterisierung 1

1 Der Aspekt der Funktionalität von Filmmusik soll hier im Hinblick auf Kapitel 4, Zur dramaturgischen Funktionalität von Filmmusik, nur kurz erläutert werden.
von Filmmusik. Demgegenüber werden anschließend zeitgenössische Autoren besprochen.

1.1.  Sergej M. Eisenstein: Manifest zum Tonfilm

Eisensteins Tonfilmmanifest vom 5. August 1928, mitunterzeichnet von Pudowkin und Alexandrow, ist ein Appell, das unvermeidlich realistische Moment des Tons – so auch der Musik im Film – dadurch zu neutralisieren, daß es als Montage-Element dem Stummfilmkonzept einverleibt wird. Gegenwärtig (d.h. 1928) übe der mit visuellen Bildern arbeitende Film einen mächtigen emotionalen Effekt auf die Menschen aus und habe berechtigterweise eine der führenden Positionen unter den Künsten eingenommen. Das elementarste und einzige Mittel, das dem Film eine solche Kraft verliehen hat, so Eisenstein, sei die Montage.2

2 Sergej M. Eisenstein/Wsewolod I. Pudowkin/Grigorij W. Alexandrow: »Manifest zum Tonfilm.« In: Franz-Josef Albersmeier: Texte zur Theorie des Films. Stuttgart 1990, S. 42.
Die Anerkennung der Montage ist für Eisenstein zum unbestreitbaren Grundsatz geworden, auf dem eine weltweite Filmkultur erreichtet wurde. Die Erfindung des Tons ist von großer Wichtigkeit. Doch für Eisenstein ist der Ton eine zweischneidige Erfindung. Zum einen sei es sehr gut möglich, daß er sich auf dem Wege des geringsten Widerstandes weiterentwickelt – »auf dem Wege der Befriedigung einfacher Neugier« - zum anderen liegt für ihn die Zukunft des Tonfilms als eine der »verkaufsträchtigen Waren« vor allem in der »kommerziellen Ausbeutung.«

Was die Stellung des Tones bzw. der Musik im Film anbelangt, so behauptet Eisenstein, daß jegliche Übereinstimmung zwischen dem Ton und einem visuellen Montage-Bestandteil dem Montagestück nur schaden würde, indem es dieses von


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