des
Musikinstruments als primäre Fertigkeit abgelöst durch die Beherrschung des
Instruments Tonstudio. In den Mittelpunkt rücken Kenntnisse, die die Funktion und das
Zusammenwirken der eingesetzten Komponenten etc. abdecken, also das Feld
des technisch Machbaren und seiner Umsetzung. (Gerade in der Anfangszeit
des Multitrackrecordings sind diese meist gepaart mit einer gewissen Portion
Experimentierfreudigkeit.) Von zentraler Bedeutung ist darüber hinaus die Kompetenz,
mit der das aufgenommene ›Rohmaterial‹ zu einer Einheit (s. o.) und zum gewünschten
Sound zusammengefügt wird. Bezeichnenderweise sind es nicht unbedingt versierte
Instrumentalisten, die über diese Fähigkeiten verfügen (Tobler/Stuart 1982), sondern
vielmehr »people who specialize in judgement rather than in skill« (Eno 1992,
30).
Mit der Verlagerung wesentlicher Schritte des Aufnahmeprozesses in die Kontrollkabine
des Tonstudios und der hiermit verbundenen Neugewichtung der für die Produktion
verantwortlichen Kompetenzen sinkt der Einfluss des einzelnen Musikers auf das
Endprodukt radikal. Nicht selten geht der Einfluss der die Technik Bedienenden auch auf
die konzeptionelle Ebene über. Ob eingespielte Parts in der ursprünglichen Form zu
hören bleiben, ob sie zurechtgeschnitten oder auch gänzlich ersetzt werden, liegt
vorrangig in der Hand des Produzenten, nicht in der des Interpreten. Zwar bilden
Musiker und Produzenten im Idealfall eine kreative Einheit, werden Producer gezielt zur
Umsetzung bestimmter Vorstellungen der Künstler ausgewählt. Als Prototyp einer
befruchtenden Zusammenarbeit kann die zwischen den Beatles und George Martin
gelten, der als »creative collaborator« (Chanan 1995, 145) die Ideen der Band um
musikalische und technische Expertise ergänzte (Lewisohn 21989). Nicht selten
kommt es aber zu Kontroversen, insbesondere dann, wenn die Produzenten von
der Plattenfirma gestellt werden. So äußert sich die Hamburger Sängerin Inga
Rumpf:
Ich weiß genau, wie mein Sound klingen muß. [...] Und wenn dann [...ein
Produzent] daherkommt mit big name und so, [...] und er sagt dann: ›Oh,
nein, dieser Sound! ...und die Phrase ...und das muß raus!‹ und du sagst:
›Nein, das geht nicht!‹ schon bist du im Clinch mit dem Typen (in: Meierding
1978, 27).
Um ihre künstlerische Autonomie zu bewahren und eine umfassendere Kontrolle über
den Produktionsprozess zu erlangen gehen Musiker vielfach dazu über, ihre Platten
selbst zu produzieren (Spieß 2000, 192ff). Diese Rolle ist mit neuen Aufgabenstellungen
auch auf administrativer und technischer Ebene verbunden, wobei im technischen
Bereich häufig auf die Hilfe eines – untergeordneten – Toningenieurs zurückgegriffen
wird.
Verlängerte Studioaufenthalte
Mit dem Einsatz der Mehrspurtechnik steigt die Dauer der Produktionszeit. Schon Mitte
der 1970er Jahre gehören zwei bis drei Monate zur Norm, die jedoch mitunter auch
erheblich überschritten wird (ebd., 213). Der erhöhte Zeitbedarf ergibt sich aus der
Vielschichtigkeit des Produktionsprozesses. Nicht immer steht dabei die eigentliche
Musikaufnahme im Mittelpunkt. Viel Zeit wird verbracht mit Klangexperimenten – z. B.
bei der Suche nach dem gewünschten Drum-, Gitarren oder
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