- 21 -Menzel, Karl H.: PC-Musiker 
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des Musikinstruments als primäre Fertigkeit abgelöst durch die Beherrschung des Instruments Tonstudio. In den Mittelpunkt rücken Kenntnisse, die die Funktion und das Zusammenwirken der eingesetzten Komponenten etc. abdecken, also das Feld des technisch Machbaren und seiner Umsetzung. (Gerade in der Anfangszeit des Multitrackrecordings sind diese meist gepaart mit einer gewissen Portion Experimentierfreudigkeit.) Von zentraler Bedeutung ist darüber hinaus die Kompetenz, mit der das aufgenommene ›Rohmaterial‹ zu einer Einheit (s. o.) und zum gewünschten Sound zusammengefügt wird. Bezeichnenderweise sind es nicht unbedingt versierte Instrumentalisten, die über diese Fähigkeiten verfügen (Tobler/Stuart 1982), sondern vielmehr »people who specialize in judgement rather than in skill« (Eno 1992, 30).

Mit der Verlagerung wesentlicher Schritte des Aufnahmeprozesses in die Kontrollkabine des Tonstudios und der hiermit verbundenen Neugewichtung der für die Produktion verantwortlichen Kompetenzen sinkt der Einfluss des einzelnen Musikers auf das Endprodukt radikal. Nicht selten geht der Einfluss der die Technik Bedienenden auch auf die konzeptionelle Ebene über. Ob eingespielte Parts in der ursprünglichen Form zu hören bleiben, ob sie zurechtgeschnitten oder auch gänzlich ersetzt werden, liegt vorrangig in der Hand des Produzenten, nicht in der des Interpreten. Zwar bilden Musiker und Produzenten im Idealfall eine kreative Einheit, werden Producer gezielt zur Umsetzung bestimmter Vorstellungen der Künstler ausgewählt. Als Prototyp einer befruchtenden Zusammenarbeit kann die zwischen den Beatles und George Martin gelten, der als »creative collaborator« (Chanan 1995, 145) die Ideen der Band um musikalische und technische Expertise ergänzte (Lewisohn 21989). Nicht selten kommt es aber zu Kontroversen, insbesondere dann, wenn die Produzenten von der Plattenfirma gestellt werden. So äußert sich die Hamburger Sängerin Inga Rumpf:

Ich weiß genau, wie mein Sound klingen muß. [...] Und wenn dann [...ein Produzent] daherkommt mit big name und so, [...] und er sagt dann: ›Oh, nein, dieser Sound! ...und die Phrase ...und das muß raus!‹ und du sagst: ›Nein, das geht nicht!‹ schon bist du im Clinch mit dem Typen (in: Meierding 1978, 27).

Um ihre künstlerische Autonomie zu bewahren und eine umfassendere Kontrolle über den Produktionsprozess zu erlangen gehen Musiker vielfach dazu über, ihre Platten selbst zu produzieren (Spieß 2000, 192ff). Diese Rolle ist mit neuen Aufgabenstellungen auch auf administrativer und technischer Ebene verbunden, wobei im technischen Bereich häufig auf die Hilfe eines – untergeordneten – Toningenieurs zurückgegriffen wird.

Verlängerte Studioaufenthalte

Mit dem Einsatz der Mehrspurtechnik steigt die Dauer der Produktionszeit. Schon Mitte der 1970er Jahre gehören zwei bis drei Monate zur Norm, die jedoch mitunter auch erheblich überschritten wird (ebd., 213). Der erhöhte Zeitbedarf ergibt sich aus der Vielschichtigkeit des Produktionsprozesses. Nicht immer steht dabei die eigentliche Musikaufnahme im Mittelpunkt. Viel Zeit wird verbracht mit Klangexperimenten – z. B. bei der Suche nach dem gewünschten Drum-, Gitarren oder


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