Nachbearbeitung zu haben werden möglichst alle Instrumente und
Stimmen räumlich voneinander getrennt und auf isolierten Spuren eingespielt.
Idealerweise findet dies in akustisch neutralen Räumen statt; die gewünschten
Raumcharakteristika werden mittels künstlich erzeugten Nachhalls und
anderen Effekten hinzugemischt. Die Zuordnung im Rechts/Links-Klangbild
wie auch die Korrektur unterschiedlicher Dynamikverhältnisse erfolgt allein
durch die Panorama- und Lautstärkeeinstellungen während des Abmischens.
Dabei werden künstliche Raumumgebungen konstruiert. Charakteristisch für
die meisten Rock/Pop-Produktionen ist ein Mix, bei dem die einzelnen Teile
des Schlagzeugs den räumlichen Rahmen abstecken, in dem die übrigen
Instrumente und Gesangsstimmen verteilt sind: »In effect, the entire ensemble
appears to play as if inside a drum set of almost mythic proportions«
(Théberge 1989, 104; Hervorhebung im Original).
Die beim Hören einer Aufnahme vernehmbare zeitliche Kontinuität verdankt
ihr Entstehen allein der Platzierung der einzelnen Audiosegmente an einer
bestimmten Stelle des Mehrspurbandes: »[O]ne moment of sound could be
followed by another that did not follow it in real time; [. . . ], any sound might
be overdubbed with another that was recorded at a different time« (Gracyk
1996, 51). Tatsächlich werden die einzelnen Parts losgelöst vom Songverlauf
eingespielt, abhängig von ihrer Bedeutung für das jeweilige Aufnahmestadium
oder der Verfügbarkeit der benötigten Musiker.
Die Simulation eines abgegrenzten Raums und eines zeitkontinuierlichen
Ablaufs suggeriert eine Einheit auch auf sozialer Ebene. Unabhängig
vom tatsächlichen Zustandekommen der Aufnahme erlebt der Hörer
eine musizierende Gemeinschaft: »[T]he listener will tend to assume
a ›we‹ in order to make sense of the multiple instrumental and
vocal sounds of popular music recordings« (Théberge 1989, 108). Im
Alleingang eingespielte ›One-Man-Band‹-Aufnahmen von Künstlern wie
Les Paul oder Mike Oldfield spielen eher mit dieser Wahrnehmung, als
dass sie sie in Frage stellen. Bezeichnenderweise scheint die optische
Präsentation auch dieser Solowerke immer noch der Gruppenperformance
zu bedürfen. So erschien Oldfield in einer für das Fernsehen produzierten
Aufarbeitung seiner Multitrack-Einspielung Tubular Bells gleich als
Mehrfachausgabe und spielte die einzelnen Instrumente im Ensemble
mit Clones seiner selbst. Prince hingegen engagierte für Videoaufnahmen
Musiker, die die Spielgesten zu den von ihm allein mittels Overdubbing
eingespielten Instrumentalparts übernahmen. Als fragwürdiger Höhepunkt
dieser Simulation von Ensemblepraxis zeigen sich immer wieder Darbietungen
in Fernsehshows, bei denen ein Schlagzeuger aus Fleisch und Blut
passende Spielbewegungen zu den real vom programmierten Digitaldrummer
stammenden Schlagzeugparts des Playbacks liefert.
Die potenzielle Unabgeschlossenheit der Aufnahme
Was nach Beendigung des Abmischvorgangs auf Schallplatte (später auf CD) zu hören
ist, stellt nicht notwendigerweise eine finale Version dar, sondern kann durch
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