»besteht eine so große Retraktionskraft der Lunge, daß der
exspiratorische Luftstrom in der ersten Ausatmungsphase abgebremst werden muß«
(Schmidt/Thews 1987, S. 601), diese Phase wird als Postinspiration bezeichnet.
Schließlich folgt die Phase der aktiven Exspiration. William F. Ganong (1971)
beschreibt die Einatmung als einen
aktiven Vorgang, bei dem die »Kontraktion der
Inspirationsmuskeln das intrathorakale Volumen vergrößert« (ebd., S. 609), die
Exspiration bei ruhiger Atmung als
passiven Vorgang, bei dem das System ohne aktive
Muskelbeteiligung in die Ausgangslage zurückkehrt (vgl. auch Piiper/Koepchen 1972,
S. 27).
Im pädagogisch/therapeutischen Umgang mit dem Atem wird dieser ebenfalls
dreiteilig, aber doch anders dargestellt: Clara Schlaffhorst und Hedwig Andersen (1996,
S. 34f.) gliedern den Ablauf in Einatmung, Ausatmung und Ruhepause. Auch Ilse
Middendorf (1985, S. 27) und Dore Jacobs (1990, S. 195ff.) folgen dieser Darstellung.
Selbst wenn der oben geschilderte Prozess der Postinspiration physiologisch eine
wichtige Rolle spielt, ist die Atemruhe der Eigen- oder Fremdwahrnehmung sicher
zugänglicher. Besonders offensichtlich wird diese, wenn man den Atemzügen
Schlafender lauscht: hier kann sich die Atempause äußerst ausgedehnt darstellen. Udo
Derbolowsky (1978, S. 45) beschreibt, wie der gleichmäßige Atemrhythmus von Zeit zu
Zeit durch ›Aufatmer‹, Seufzen oder Gähnen unterbrochen wird. Auch diese
›Rhythmus-Störungen‹ sind alltägliche Erfahrung und haben eine wichtige
spannungslösende Funktion.
Der Ort der Impulsbildung für den Atemvorgang ist der untere Hirnstamm. Das
Atemzentrum besteht aus verschiedenen Neuronengruppen in der Medulla oblongata,
dem verlängerten Mark. Im Tierversuch konnte durch Reizung verschiedener Punkte ein
Inspirationszentrum und ein Exspirationszentrum ermittelt werden. Die einem Zentrum
angehörenden Neurone sind miteinander fördernd und mit dem Gegenzentrum hemmend
verbunden. Durchschneidungsexperimente zeigten, dass die Steuerung der Atmung für
die linke und rechte Körperhälfte getrennt in beiden Medullahälften abläuft
(vgl. Piiper/Koepchen 1972, S. 193).
➢ | Rhythmische Prinzipien, die sich im Atem manifestieren: | |
| — Wechsel von Aktivität und Passivität, | |
| — Wechsel von Spannung und Entspannung, | |
| — Gleichmaß, zugleich aber größtmögliche Flexibilität, | |
| — Auflockerung durch Irregularität. | |
4.2. Körperbewegung und Rhythmus: die Koordination von Puls, Atem und
Schritt
Herzschlag und Schritt
Schon 1928 befasste sich der Mediziner Paul Anders mit dem Eigentempo verschiedener
Individuen. Der Rhythmusdefinition Ludwig Klages folgend (vgl. Held/Geißler 1995,
S. 7) und eingebettet in die Ideen der Gymnastik-Bewegung formulierte er die Idee vom
»persönlichen Rhythmus« (Anders 1928, S. 287) als Ausdrucksmittel. Seine
Untersuchung stellt dar, dass Versuchspersonen nicht nur