Parallelen
zwischen den Proportionen der Schwingungsverhältnisse verschiedener Intervalle und
denen von Planetenbahnen (Flatischler 1984, S. 75f.). Er versteht sein Buch »Die
vergessene Macht des Rhythmus: TA KE TI NA – der rhythmische Weg zur
Bewußtheit« als »Übungsbuch« (ebd., S. 12), als konkrete Anleitung zur Verbesserung
rhythmischer Fertigkeiten. Der Zugang geschieht dabei über Körper und Stimme.
Flatischler beschreibt sein intensives Studium der Musikrhythmen außereuropäischer
Kulturen so:
In diesen Zeiten gab es für mich stets ein Instrument, mit dem ich die neue
Rhythmuswelt am schnellsten nachahmen konnte. Es war das Instrument
des eigenen Körpers. Mit der Stimme gelang es mir bald, die Rhythmen
umzusetzen, die ich hörte. Mit den Händen konnte ich Akzente setzen
und Gliederungen spürbar machen, im Gehen verkörperte ich mir die
Grundpulsationen der neuen Rhythmen. Wo immer ich mich gerade befand,
mit dem Instrument meines Körpers konnte ich lernen und üben. (ebd.,
S. 80).
Er verweist darauf, dass die Praxis, Notenwerte mit Silben zu benennen in verschiedenen
Kulturen fest verwurzelt ist. Den Lernenden erklärt der Autor zutreffend: »Mit ihrer
Hilfe kannst Du rhythmische Quantitäten ohne den Denkprozeß des Zählens erfassen.«
(ebd., S. 20). Die Ebene der Abstraktion, der vorrangigen Beanspruchung kognitiver
Fertigkeiten, steht also nicht im Vordergrund. Gleichwohl widmet sich Flatischler
ausführlich der Darstellung von (durchaus auch komplizierten) Proportionen. Auch die
Beanspruchung motorischer Fertigkeiten spielt eine bedeutsame Rolle, erklärtes Ziel
ist,
daß die Ebenen von Stimme, Händen und Füßen voneinander unabhängig
werden und ihr rhythmisches Eigenleben entfalten. Erst dann sind sie fähig,
miteinander in eine Beziehung zu treten, in der auf jeder Ebene ein anderer
Rhythmus hörbar und spürbar wird. Haben wir einmal diesen Punkt erreicht,
dann erleben wir das überwältigende Gefühl, drei verschiedene Rhythmen im
Körper zu spüren, die zusammen eine neue Ganzheit ergeben. (ebd., S. 98).
Flatischlers Ansatz findet sich in großer Übereinstimmung mit den im vorliegenden
Zusammenhang dargelegten Erkenntnissen, wenn er vom menschlichen Körper, von der
Rhythmizität von Herzschlag, Atem, Stimme und Bewegung ausgeht. Allerdings
entbehrt seine Methode einer entwicklungspsychologischen Dimension. Zielgruppe sind
erwachsene Menschen mit gut entwickelten motorisch-koordinativen Fertigkeiten, deren
Interesse sich auf den Umgang mit komplexen außereuropäischen Rhythmen
erstreckt.
Peter Giger: Die Kunst des Rhythmus
Peter Giger bestimmt seinen Standpunkt im Vorwort von »Die Kunst des Rhythmus«
(Giger 1993) deutlich:
In der abendländischen Kunstmusik ist die Rhythmik und die Polymetrik
nicht sehr entwickelt. Erst die Jazzmusik enthüllt dem Europäer rhythmische
Eleganz und Fertigkeit, gepaart mit einer schlichten, entspannten, freien und
sehr persönlichen Innerlichkeit im künstlerischen Ausdruck. (ebd., S. 9).