All zu oft wird allerdings nach dem Metronom gegriffen, wenn grundlegende
Schwierigkeiten mit dem Empfinden oder der Steuerung eines gleichabständigen
Grundschlags auftreten. Wenn Peter Benary im folgenden Zitat vom ›Schneller- oder
Langsamer-werden‹ spricht, ist damit wohl eben diese grundsätzliche Unsicherheit in der
Orientierung am Gleichmaß des Grundschlags gemeint:
Gegen Schneller- oder Langsamer-werden, einen bald rhythmisch, bald metrisch begründeten Fehler, sucht man meistens Hilfe beim Metronom. Es hilft auch, aber meistens nur, solange es tickt. Nichts gegen dieses »Instrument«; aber man würde es in diesem Fall (und auch sonst oft) sinnvoller benutzen, wenn man es nicht die Zählzeiten, sondern nur die ganzen Takte ticken ließe. Leider hören viele Metronome bei so einzustellenden niedrigen Zahlen – 30 bei 4 4-Takt und [Viertelnote] = 120 – auf, zuverlässig zu sein. (Benary 1967, S. 78). Margit Varró rät uneingeschränkt vom Dauer-Gebrauch ab: Die Anwendung des Metronoms als eines ständigen Hilfsmittels können wir nicht empfehlen, denn es hindert die Entwicklung des inneren rhythmischen Gefühls eher, als es sie fördert und macht zartere Naturen oft nervös. Es sollte in der Unterrichtsstunde nur zur pünktlichen Feststellung des jeweilig vom Komponisten gewünschten Tempos dienen. (Varró 1956, S. 55, Kursivdruck im Original). Besonders der zweiten Aussage ist uneingeschränkt zuzustimmen. Rhythmisch-metrische Sicherheit muss aus dem eigenen Empfinden heraus entwickelt werden, um auf einem festen Fundament zu stehen.
Im Empfinden von Gleichabständigkeit liegt die Basis aller zeitlichen Steuerung verankert. Genau so bedeutsam ist aber die Tatsache, dass jenes Gleichmaß, das die biologische Existenz in so vielfältiger Ausprägung bereithält, von Flexibilität geprägt ist, niemals von Starrheit. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die immense motorische und sensorische Beanspruchung besonders im instrumentalen Bereich: häufig sind vermeintlich rhythmische Probleme durch Defizite in der Bewegungsausführung verursacht. Hier auf einen Magnet-Effekt durch das Metronom zu hoffen ist verfehlt, da die Differenz zwischen den Anforderungen (durch die Metronomvorgabe) und den Möglichkeiten (der Ausführung) zu groß ist. Renate Klöppel führt dazu aus: Ist ein Instrumentalschüler zum Beispiel nicht in der Lage, mit dem Metronom zu üben, ist dies noch kein Beweis für ein fehlendes Rhythmusgefühl, ebenso wenig wie unrhythmisches Spiel hierin seine einzige Ursache hätte. Spielen mit Metronom setzt nicht nur voraus, daß das vorgegebene Metrum innerlich übernommen werden kann (ein Reagieren auf den gehörten Schlag würde ja immer zu einer deutlichen Verzögerung führen), sondern es muß auch gewährleistet sein, daß dem Schlag des Metronoms ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt werden kann. (Klöppel 1997, S. 51). Mehrfach war schon darauf hingewiesen worden, dass rhythmische Defizite aus Problemen der Bewegungssteuerung erwachsen (vgl. Abschnitt 4.4).
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