Künstler - das Musikhören, das Musikgenießen dem Musikfreunde, dem Dilettanten. In der That sollte bei den meisten Schülern der Musikunterricht mehr im Musikhören und im Musikgenießen als im Musikmachen bestehen."{14}[1]

Es ist bei derartigen Feststellungen zu berücksichtigen, daß sie nicht nur von musikpädagogischen Grundpositionen sondern auch von deren Realisierungschancen bestimmt waren.

So gehörte etwa die Forderung Nägelis, jeder solle Klavier lernen [2], lange in das Reich pädagogischer Utopien, bis gerade heute (durch die massenhafte Verbreitung von keyboards) eine Realisierung unter völlig veränderten Vorzeichen denkbar wäre. Aber auch Ritter wird realistischerweise unter den von ihm charakterisierten Schülern vorerst nur Schülerinnen höherer Schulen verstanden haben, - die allerdings nur eine bescheiden kleine Gruppe innerhalb der gesamten Schülerschaft bildeten. Den höheren Mädchenschulen und Lyzeen wurde am ehesten eine breitere musikalische Erziehung zugestanden, - und diese wurde in den besten Schulen gelegentlich sogar realisiert.

Wenn die Kretzschmarschen Reformen aber wesentlich in der Orientierung am vokalen Bereich befangen blieben, so hatte diese Entscheidung - neben der fachideologischen Dimension - einen durchaus lebensnahen Zug: Für die Masse der Schüler gab es weder Lehrer noch Mittel, die das Hören und Genießen von Musik hätten ermöglichen können.

Trotzdem gibt es (eben im Erscheinungsjahr der hier vorgelegten englischen Beiträge) Hinweise auf ein vorsichtiges Umdenken. Im Lehrplan für die höheren Mädchenschulen Preußens vom 12. Dezember 1908 wird unter "Allgemeines

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[1] Über musikalische Erziehung. Ein Mahnwort an Eltern, Vormünder und Erzieher, Dresden 1891, zit. in: Eckhard Nolte, Die Musik im Verständnis der Musikpädagogik des 19. Jahrhunderts, Paderborn 1982, 109

[2] "Es müssen Alle Klavier lernen." (Vorlesungen, 1826, 245) - Vgl. S. 83, Anm.2