- 57 -Klußmann, Jörg: Musik im öffentlichen Raum 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (56)Nächste Seite (58) Letzte Seite (110)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

4.6.  Zusammenfassung

Zu Beginn dieses Kapitels wurden verschiedene Begriffe vorgestellt, die auf unterschiedliche Weise Musikberieselungsphänomene bezeichnen. Am Anfang stand Eggebrechts Begriff der »funktionalen Musik«, der sich – nicht zuletzt aufgrund der hineingelesenen negativen Konnotationen – kaum durchgesetzt hat. In der Tat bietet der Ausdruck als kategoriale Bezeichnung wenig Erkenntnisgewinn, stattdessen ist zu bemerken, dass große Teile der zeitgenössischen Musikpraxis von Funktionalität bestimmt sind. Dies liegt wohl begründet in der heutigen medialen Verfügbarkeit von Musik selbst und schließt auch gerade privaten Musikkonsum mit ein. Denn wer würde sich nicht für eine CD entscheiden, die auch zur gegenwärtigen Stimmungslage passt? Solch eine »subjektive Funktionalität« sagt aber recht wenig darüber aus, wie die Musik dann letztlich gehört wird. Auch beim Hören als Begleitmusik z. B. beim Abwaschen sind ja Momente der ästhetischen Erfahrung nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Der durchschnittliche prozentuale Anteil von Konzertbesuchen am allgemeinen Musikkonsum tendiert gegen null.127

127
Vgl. Bruhn/Rösing (1997) 1576.
So wäre es vielleicht richtiger, von einer funktionalisierten Musik als einem allgemeinen Merkmal zeitgenössischer Musikpraxis zu sprechen. Vor diesem Hintergrund ist gerade nicht die funktionale Musik der Sonderfall, sondern die Idee einer autonomen Musik.

Als eine Spezialform der funktionalen Musik hat sich der Begriff »funktionelle Musik« schließlich durchgesetzt. Die funktionelle Musik und ihr zweckrationaler Charakter wurde von den Musikwissenschaften zu Recht geächtet, nicht zuletzt aufgrund des meist »ästhetisch miserablen Designs«.128

128
Motte-Haber (1996) 226.
Auch vor dem Hintergrund eines geänderten Angebots der beschallenden Firmen macht es Sinn, die Bezeichnung »funktionelle Musik« als feststehenden Begriff für das Musikangebot dieser Firmen beizubehalten.129
129
Zumal der Begriff von den Anbietern selbst benutzt wird.
Denn auch eine neue »Vielfalt« im Muzak-Programm kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass solch eine »zentralistisch« organisierte Beschallung zu einer (akustischen) Gleichmacherei der berieselten Orte führt. Eine neue, ernst zu nehmende Konkurrenz für die Anbieter funktioneller Musik stellt »streaming-media«130
130
Vgl. Kapitel 6.2.1.
aus dem Internet dar. Ebenfalls nach bestimmten Kategorien geordnet, ist hier ein breites Musikangebot (meist) frei verfügbar. Hatten die Anbieter der funktionellen Musik vor wenigen Jahren noch ein »Monopol« auf quasi unendlich lange, reine Musikströme, so werden sie sich in Zukunft darum bemühen müssen, ihr eigenes kostenpflichtiges Angebot zu rechtfertigen. Das einzige Argument, das für eine kommerzielle funktionelle Musik spräche, könnte letztlich die Erfahrung der Firmen auf diesem Gebiet sein. So wäre es nicht verwunderlich, wenn die vermeintlich »wissenschaftlichen Belege« für die Effizienz der funktionellen Musik wieder verstärkt Einzug in das Werbematerial der Firmen hielten, um Kompetenz zu vermitteln. Von den Forschungsergebnissen zum Thema »Hintergrundmusik« sind neben Eggebrechts drei Funktionsebenen (Kapitel 4.1) vor allem die vielerorts beobachteten Habitualisierungseffekte interessant für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand.131
131
Vgl. Kapitel 6.2.2.
Bevor eine Wirksamkeit der Klassik-Beschallung

Erste Seite (i) Vorherige Seite (56)Nächste Seite (58) Letzte Seite (110)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 57 -Klußmann, Jörg: Musik im öffentlichen Raum