- 19 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Theorie und Praxis der Musik 
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nach Kriegsende, durch Stücke wie Wir wollen niemals auseinandergeh'n seine musikalische Wandlungsfähigkeit unter Beweis gestellt. Jarys Kompositionen Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh'n und Davon geht die Welt nicht unter sind bis heute weltberühmt und im Zusammenhang mit dem Film immer wieder als Durchhalteschlager bezeichnet worden. Wirksam ist augenscheinlich ihr optimistisches Potential, das nicht nur durch den aufmunternden Text, sondern auch durch die schmissige Walzer-Thematik der Titelmelodien zustande kommt. Da der Film noch vor der Schlacht bei Stalingrad beendet wurde, ist bestritten worden, daß es sich dabei um Durchhalteschlager handele. Vielmehr spiegelten diese Stücke eher den Größenwahn der Nazis, die fest an den Endsieg glaubten.31
31 Karsten Witte, zitiert bei Pacher, a. a. O. (s. Anm. 7), S. 199.

Auch sei der Textdichter Bruno Balz kurzzeitig wegen seiner homosexuellen Neigungen in Gestapo-Haft gelangt und erst durch Michael Jarys Intervention wieder freigekommen. Davon geht die Welt nicht unter sei eine Reaktion auf diese persönlichen Erlebnisse des Textdichters gewesen, mithin also eher ein trotziger Überlebenstext, zumindest aber ein ambivalentes und nicht unbedingt regimefreundliches Lied.32
32 Maurus Pacher, Sehn Sie, das war Berlin. Weltstadt nach Noten, Frankfurt a. M. u. Berlin 1987, S. 333 – s. auch Seiler, a. a. O. (s. Anm. 2), S. 42.

Die Funktion von Durchhalteschlagern haben jedoch beide Stücke erkennbar erfüllt, besonders als sich 1943 unter anderem mit den Großangriffen der alliierten Luftwaffe das Ende des 1000jährigen Reiches ankündigte und die Zivilbevölkerung immer mehr darunter zu leiden hatte. In dieser Situation konnten solche Schlager ihre aufmunternde und tröstende Wirkung etwa im Rahmen von Wunschkonzerten voll entfalten. Von Adolf Hitler wird behauptet, er habe sich Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh'n im Führerhauptquartier von der Leander persönlich vorsingen lassen.



Truppenbetreuung


Haben sich auch die Lebensläufe von Zarah Leander und Marlene Dietrich räumlich getrennt, der Zweite Weltkrieg führte sie in gewisser Weise wieder zusammen. Beide haben es als ihre Aufgabe betrachtet, die Stimmung der kämpfenden Truppen mit ihren Auftritten zu beleben und ihnen Mut zu machen, mit einem Unterschied allerdings: sie gehörten jeweils verschiedenen Fronten an. Die gebürtige Schwedin Zarah Leander sang für die deutschen Soldaten und die in Berlin geborene Marlene Dietrich als amerikanische Staatsbürgerin für die Alliierten. Und so standen sich die beiden Stars diametral gegenüber, beide ihrer faszinierenden Wirkung auf Männer bewußt, die jetzt im Interesse verschiedener Kriegsparteien im wahrsten Sinne des Wortes „zum Einsatz“ kam.



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