- 57 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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»staatliche Zentralisierung der Kulturpolitik« unter seiner Führung zu realisieren, wobei er allerdings von Beginn an auf den entschiedenen Ressortegoismus der anderen Kulturverwaltungen stieß.33
33
Jan-Pieter Barbian, Literaturpolitik im »Dritten Reich«. Institutionen, Kompetenzen, Betätigungsfelder, Frankfurt a. M.: dtv 1995, S. 232; vgl. auch die bei Barbian genannten zahlreichen Beispiele für den Bereich der Literaturpolitik (S. 22, 166 f., 185, 190).
Die zahllosen Kompetenzstreitigkeiten waren für die nationalsozialistische Kulturpolitik geradezu ein Charakteristikum. In der einschlägigen Forschung hat sich heute hinsichtlich der Frage nach den verschiedenen Trägern der Herrschaft im NS-Staat ein polykratisches Modell gegenüber der Vorstellung von einem monolithischen Superstaat durchgesetzt.34
34
Vgl. Ulfried Geuter, Die Professionalisierung der deutschen Psychologie im Nationalsozialismus, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1984, S. 44.
Das bekanntlich in totalitären Systemen besonders verbreitete Phänomen der Korruption sowie die dem Führerprinzip entsprechende unkontrollierte Macht der vielen einzelnen »Führer« provozierten ein vielfach undurchschaubares, komplexes Macht- und Einflußgefüge, das einen reichen Nährboden bereitete für Konflikte zwischen rivalisierenden Gruppen innerhalb des Systems. Kompetenzverwirrung, Kompetenzstreitigkeiten und Führungschaos als Ausdruck »tatsächlicher Planungslosigkeit« sind daher keine zufälligen oder (etwa durch Hitler) geplanten, sondern spezifische Erscheinungen des »Führer-Staates«.35
35
Reinhard Bollmus, Das Amt Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im nationalsozialistischen Herrschaftssystem, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 1970, S. 250.

SS-Gruppenführer und Präsident der DRSG Johst ließ die Anfrage zunächst einmal unbeantwortet, so daß sich Dost veranlaßt sah, die erwünschte Stellungnahme Ende Juli anzumahnen.36

36
Dost an Johst vom 28. Juli 1944, BArch, R 56 V/28, Bl. 7.
Daraufhin nun wandte sich der immer auf seiten der jeweils Mächtigeren stehende und sich absichernde Johst an Heinz Drewes, weil er nicht recht wußte, wie er sich gegenüber dem Oberbürgermeister von Zwickau, der »aus der Reihe tanzt und rasch eben mal etwas Mist macht«, gerieren sollte. Außerdem hatte er sich über Dost geärgert, weil der »hinter unserem Rücken tat, was ihm ins Köpfchen kam«. Also bat er bei Drewes um Anweisung, ob er Dost »einen saugroben Brief schreiben, oder bitte beraten Sie mich im Sinne unseres Ministers wie ich mich hier verhalten soll.«37
37
Johst an Drewes vom 2. August 1944, BArch, R 56 V/28, Bl. 79.
Drewes ließ mit seinen Instruktionen nicht lange auf sich warten. Er gewinne, so der Leiter der Abteilung Musik im Propagandaministerium, aus den Amtshandlungen Dosts zunehmend den Eindruck, dieser sei ein »eifriger Anhänger der Stein’schen Reformen in Bezug [!] auf die Städtische Selbstverwaltung«. Er habe dieses »selbstherrliche Stadtoberhaupt« auch schon in einem anderen Fall »auf die vom nationalsozialistischen Staat erstrebte zentrale Reichsreform hinweisen müssen«. Da er nun aber hoffe, daß sein eigener »scharfer Warnschuß vor den ,Buk‘ [!]« (sein Brief an Dost vom 27. Juni) einen zumindest zeitlich begrenzten Eindruck hinterlassen werde, könnte ein »,freundliches«‘ Schreiben Johsts an den unbotmäßigen

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