»staatliche Zentralisierung der
Kulturpolitik« unter seiner Führung zu realisieren, wobei er allerdings von Beginn
an auf den entschiedenen Ressortegoismus der anderen Kulturverwaltungen
stieß.
33
Jan-Pieter Barbian, Literaturpolitik im »Dritten Reich«. Institutionen, Kompetenzen,
Betätigungsfelder, Frankfurt a. M.: dtv 1995, S. 232; vgl. auch die bei Barbian genannten
zahlreichen Beispiele für den Bereich der Literaturpolitik (S. 22, 166 f., 185, 190).
|
Die zahllosen Kompetenzstreitigkeiten waren für die nationalsozialistische Kulturpolitik
geradezu ein Charakteristikum. In der einschlägigen Forschung hat sich heute
hinsichtlich der Frage nach den verschiedenen Trägern der Herrschaft im NS-Staat ein
polykratisches Modell gegenüber der Vorstellung von einem monolithischen Superstaat
durchgesetzt.
34
Vgl. Ulfried Geuter, Die Professionalisierung der deutschen Psychologie im
Nationalsozialismus, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1984, S. 44.
|
Das bekanntlich in totalitären Systemen besonders verbreitete Phänomen der
Korruption sowie die dem Führerprinzip entsprechende unkontrollierte Macht der vielen
einzelnen »Führer« provozierten ein vielfach undurchschaubares, komplexes Macht- und
Einflußgefüge, das einen reichen Nährboden bereitete für Konflikte zwischen rivalisierenden
Gruppen innerhalb des Systems. Kompetenzverwirrung, Kompetenzstreitigkeiten und
Führungschaos als Ausdruck »tatsächlicher Planungslosigkeit« sind daher keine
zufälligen oder (etwa durch Hitler) geplanten, sondern spezifische Erscheinungen des
»Führer-Staates«.
35
Reinhard Bollmus, Das Amt Rosenberg und seine Gegner. Studien zum Machtkampf im
nationalsozialistischen Herrschaftssystem, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 1970, S. 250.
|
SS-Gruppenführer und Präsident der DRSG Johst ließ die Anfrage zunächst einmal
unbeantwortet, so daß sich Dost veranlaßt sah, die erwünschte Stellungnahme Ende Juli
anzumahnen.36
Dost an Johst vom 28. Juli 1944, BArch, R 56 V/28, Bl. 7.
|
Daraufhin nun wandte sich der immer auf seiten der jeweils Mächtigeren stehende und
sich absichernde Johst an Heinz Drewes, weil er nicht recht wußte, wie er sich gegenüber
dem Oberbürgermeister von Zwickau, der »aus der Reihe tanzt und rasch eben mal
etwas Mist macht«, gerieren sollte. Außerdem hatte er sich über Dost geärgert,
weil der »hinter unserem Rücken tat, was ihm ins Köpfchen kam«. Also bat er
bei Drewes um Anweisung, ob er Dost »einen saugroben Brief schreiben, oder
bitte beraten Sie mich im Sinne unseres Ministers wie ich mich hier verhalten
soll.«
37
Johst an Drewes vom 2. August 1944, BArch, R 56 V/28, Bl. 79.
|
Drewes ließ mit seinen Instruktionen nicht lange auf sich warten. Er gewinne, so der
Leiter der Abteilung Musik im Propagandaministerium, aus den Amtshandlungen Dosts
zunehmend den Eindruck, dieser sei ein »eifriger Anhänger der Stein’schen
Reformen in Bezug [!] auf die Städtische Selbstverwaltung«. Er habe dieses
»selbstherrliche Stadtoberhaupt« auch schon in einem anderen Fall »auf die
vom nationalsozialistischen Staat erstrebte zentrale Reichsreform hinweisen
müssen«. Da er nun aber hoffe, daß sein eigener »scharfer Warnschuß vor den
,Buk‘ [!]« (sein Brief an Dost vom 27. Juni) einen zumindest zeitlich begrenzten
Eindruck hinterlassen werde, könnte ein »,freundliches«‘ Schreiben Johsts an
den unbotmäßigen