- 420 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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auch einmal in A. . . , der nahen Residenzstadt, von Madame Colafinio empfangen, die eine merkliche Zuneigung zu dem jungen Ton-Erfinder erkennen ließ, ohne jedoch die Neugierde einer Vertraulichkeit zu opfern. Die beiden Husaren jedoch ließen sich kurieren und waren bald wieder ganz und gar gesund, “ comme les jeunes chiens ”, wie de Bîle sich ausdrückte.

Bei der Rückkunft in Wien war der ganze Hof über Wilhelms Bericht erstaunt. Jedoch konnten weder die kaiserlichen Leibärzte Wilhelms Bein richten noch die besten Kenner und Hofmusici den neuen Akkord erklären. Der Kaiser ließ Wilhelmen trotz dieser Unregelmäßigkeit eine Krücke von Gold machen und ernannte ihn zum Außerordentlichen Akkordeonisten der Hofkommission mit einer lebenslangen Leibrente von 5000 Gulden per anno, nicht eingerechnet Naturalien in Wein, Holz, Lakritz, Wachs, Tippex, Kleidung, Uhu und einer absonderlich für ihn hergestellten Beincrême.

* * *

Als nun nach zwei Jahren der alte Stadtkantor und Organist der Residenzstadt das irdische mit dem himmlischen Leben verwechselte, erging ein kaiserliches Dekret an Johann Käsehart, Wilhelm Altmann als ehemaligen Accessisten in das Amt zu übernehmen, auch wenn es bereits einem anderen versprochen wäre, unter Androhung der Zurückversetzung in den einfachen Fürstenstand.

So trat Wilhelm im fünfundzwanzigsten Jahre das angesehene Amt an mit einem ansehnlichen Gehalt bei weiter laufender kaiserlicher Leibrente, wurde also ein reicher Mann, wie es ihm der Teufel geweissagt hatte. Jedoch blieb der betrogene Teufel nicht ohne Sieg, da es Wilhelmen nicht gelingen wollte, mit seinem neuerlich lahmen Bein im Pedalspiel auf der großen, von Gottfried Silbermann verfertigten Orgel über die einfache Choralbegleitung hinauszugelangen und in das Reich der Pedalsoli höherer Schwierigkeit vorzudringen. Insonderheit die betreffenden Stellen des alten B. . . in L. . . blieben ihm so zu Teilen verschlossen, und er mußte sich dazu bequemen, zum Abscheu und Ekel aller Kenner einige dieser Stellen für sich zu vereinfachen. Dies geschah vorzüglich einmal, als Wilhelm nach dem Ostergottesdienste zum Ausgange spielte und sich dazu, um die Gemeinde an das göttliche Osterlamm zu erinnen, die Toccata aus F-Dur gewählt hatte, welche in Art einer Pastorale beginnt und die der berühmte Hofmathematicus Schmieder in seinem bis nach Russland bekannten Zahlenwerk unter die Numero 540 geordnet hat.

Wilhelm bestand die dreiundfünfzig Takte des Anfanges mit bewunderungswürdiger Meisterschaft und hielt den ebenso langen Orgelpunkt im Pedale auf dem großen F mit Treffsicherheit und Kraft aus, mußte dann aber das ab dem vierundfünfzigsten Takte einsetzende große Pedalsolo, auf welches der alte B. . . nach


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