- 358 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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Zwei Monate später ging er Cosima gegenüber noch weiter: Und damit Sie, liebes Kind, mit recht gutem Vertrauen zu mir kommen, sage ich Ihnen auch, dass ich Herwegh’s am Ende doch recht gern habe, und namentlich er mir der liebste männlich geformte Mensch hier ist. [...] Auch seiner Frau, die wir oft einluden, biete ich immer mit grosser Artigkeit die Cigarre an, und sehe weg wenn sie ohne übermässige Anmuth raucht. Unter uns: sie ist eine durchaus brave, höchst verständige, sehr begabte Frau und unvergleichliche Freundin. Gott, wenn ich eine Frau hätte, die mir so das Geld besorgte, wie sie ihrem Manne!27
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1. 3. 1858, in: Richard Wagner. Sämtliche Briefe, hg. von Klaus Burmeister u. Johannes Forner. Leipzig 2000, Bd. 9, S. 207.

In der Wesendonck-Krise war Emma Minnas engste Vertraute. Als diese den intimen Brief Richards an Mathilde abgefangen hatte, wandte sie sich als erstes an die Freundin und bat sie um Rat. Emma riet ihr, zu Mathilde zu gehen und mit ihr zu reden. Sie erwartete vermutlich so etwas wie eine weibliche Solidarität und hoffte von Mathilde, daß diese sich nach dem Gespräch mit Minna künftig mit Besuchen im Asyl mäßigen würde. Emma hatte zwei schwere Krisen mit ihrem Mann hinter sich und war daher davon überzeugt, daß man dergleichen mit Zurückhaltung und Geduld lösen könne. Sie ahnte nicht, daß Mathilde alles mit ihrem Mann besprach, so daß sich der Rat im Nachhinein als Fehler erwies, und den Bruch mit Richard, der ohnehin bevorstand, beschleunigte.

Nach der Abreise aus Zürich ging es in den Briefen um »weibliche« Angelegenheiten: Minna hatte einer Waschfrau in Zürich zwei Morgenhauben gegeben, aber vergessen sie zurückzufordern, und bat nun Emma, sich darum zu kümmern. In den folgenden Jahren schrieb Minna über den Nachwuchs bei Freundinnen und Bekannten, und das Thema »Krankheit« nahm naturgemäß viel Platz ein. Scheinbar gab es auch freundschaftliche Bindungen zu Gottfried Sempers Ehefrau, da Minna kurz nach der Wesendonck-Krise an Emma schrieb: Auch bitte ich Sempers von mir zu grüßen, wie mag es wohl der Frau gehen? Ach Gott, wir Armen haben doch immer zu tragen.28

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18. 9. 1858, in: Nationalarchiv Richard-Wagner-Stiftung, Bayreuth (NRW).

Als Emma einmal plante, nach Berlin zu reisen, kam die Idee auf, sich bei der Freundin des Ehepaars Wagner, Alwine Frommann, zu treffen. Alwine wollte sich melden, wenn Lohengrin wieder gegeben wurde, und Minna teilt Emma mit, daß es ihr ein doppelter Genuß wäre, die Oper an ihrer Seite zu hören. Sie wußte, daß Emma Wagners Musik sehr schätzte, und das Treffen fand auch statt.

Als Richard und Minna in Paris noch einen letzten Versuch des Zusammenlebens machten, schrieb Minna der Freundin unbefangen von ihren negativen Erlebnissen: Wie ich Dir schon gesagt, ich wohne im obersten Stock, weiss nichts von dem was unten geschied, bekomme meine Briefe von dem Diener auf mein Zimmer gebracht und interessiert meinen Mann durchaus nichts, was mich betrifft oder wer mir geschrieben, was man mir geschrieben etc.29

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24. 3. 1860, in: NRW.


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