Um die Jahrhundertmitte war Lefébure der berühmteste französische Organist und
wurde von Cavaillé-Coll regelmäßig für die Einweihungen seiner großen Orgeln
verpflichtet, wobei er das Publikum immer wieder durch Improvisationen mit
effektvoller Behandlung der modernen instrumentalen Möglichkeiten begeisterte.
Dabei wurden vor allem Gewitterszenen und andere illustrative Darbietungen
bewundert.
Dieser »mondäne« Orgelstil fand bei den Zeitgenossen durchaus auch Kritik. 1856 spielte Lefébure ein Konzert zur Einweihung der Cavaillé-Coll-Orgel in der Kirche Saint-Nicolas im belgischen Gent3
Diese Elogen provozierten François-Joseph Fétis zu einer polemischen Entgegnung mit dem Titel L’orgue mondaine et la musique érotique à l’église. Dem »erotischen« Orgelstil, der auf die »sinnlichen Instinkte« zielt, setzt Fétis eine religiöse Musik gegenüber, die sich nicht an den « sensualisme »richtet, sondern an das religiöse « sentiment », « l’antipode du sensualisme ». Ein »würdiges und feierliches Präludium, gespielt auf den Grundstimmen der Orgel als Einleitung eines sehr majestätischen Gesangs des ,Tantum ergo‘ ist es, das die Seele mit einem reinen und religiösen Gefühl durchdringt«. Diese Ästhetik wird zurückgeführt auf die großen katholischen Organisten des 17. Jahrhunderts: Frescobaldi, Froberger und Kerll, und auf den « grand style »Bachs und seiner »besseren« Schüler Krebs und Kittel. 1843 hatte Lefébure die Sängerin Josephine Thérèse Court geheiratet, der unter anderem die berühmte Sérénade nach Victor Hugo von Charles Gounod gewidmet ist. Seine Verbindungen zur Opernszene blieben so intensiv, dass er von 1857 bis 1863 kein Organistenamt innehatte, um eine Opéra comique Les recruteurs zu komponieren. Lefébures Nachfolger an der Madeleine wurde 1857 Camille Saint-Saëns, dessen klassischer Orgelstil die Anhänger seines Vorgängers enttäuschte, wie ein Ohrenzeuge berichtet4
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