- 239 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Musik und Leben 
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Materialien zu diesem Thema, die für jugendliche Anfänger im Ensemble konzipiert sind. Zwei Etüden aus dem Orchesterschulwerk Mays, die ähnliche streicherchorische Probleme wie die von Celibidache aufgegriffenen behandeln, sind zum Vergleich beigefügt.42
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Ebenda, Nr. 11 und 17, siehe Anhang III, S. 256 f.
Übung 11 (Choral aus R. Schumanns Album für die Jugend ) ist mit acht Takten eines A-Teils, die wiederholt werden, und sechzehn folgenden Takten im B-Teil in ebenfalls recht engem Ambitus und homophonem Satzgefüge auf Intonation und Einheitlichkeit des Klanges ausgerichtet. Übung 17 stellt verschiedene Stricharten in den Vordergrund, die auf eine vorgegebene Melodie angewendet werden sollen (nach Arthur Seybold, 1868–1948, Komponist, Violinpädagoge und Herausgeber einer Violinschule, vieler Etüden und Lehrstücke, die vielfach immer noch zum Standardrepertoire der Unterrichtsliteratur gehören). Diese Melodie wandert durch die einzelnen Stimmen, während die anderen Stimmen Begleitakkorde zu spielen haben, für die ebenfalls mehrere Ausführungsvarianten vorgesehen sind. Ferner finden sich in dieser chorischen Streicherschule Tonleiter-Etüden, die vom Ensemble colla parte auszuführen sind und in rhythmischem sowie bogentechnischem Anspruch fortschreitend angelegt sind. Hier finden sich z. B. auch die rhythmischen Abläufe zwei Achtel, punktierte Achtel mit Sechzehntel, Triole, vier Sechzehntel pro Ton. (Übung 30, 41, 43, 45, 47.)

Unübersehbar ist aber auch, dass die »Täglichen Vorübungen« von Celibidache nur eine flüchtig entworfene Skizze darstellen, eine spontane Idee vielleicht, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht weiter verfolgt wurde. Hätte sich dieser Arbeitsansatz, ähnlich dem Einsingen im Chor, etabliert, wäre das Material sicher umfangreicher ausgefallen, oder die Übungen erfolgten auf Zuruf. Letzteres ist denkbar, wenn die sich wiederholenden Grundschemata, etwa bei Übung B, verstanden worden sind – aber wir wissen nicht, wie die konkrete Umsetzung dieses Gedankens des »gemeinsamen Einspielens« in der Arbeit von Celibidache mit dem OBM ausgesehen haben mag, wenn es überhaupt je zu einem praktischen Ausprobieren gekommen ist. Unbestritten bleibt, dass Celibidache sich als angehender Profi am Dirigentenpult, dem schon früh eine unerbittliche Kompromisslosigkeit im Anspruch an die spieltechnische Umsetzung seiner musikalischen Vorstellungen durch ein Orchester nachgesagt wurde, überhaupt mit der Frage beschäftigt hat, wie mit einem Laienorchester in seiner Gesamtheit mittels gezielter Übungen an einzelnen technischen Problemen gearbeitet werden kann.

Die Probleme in Laienorchestern sind bis heute dieselben geblieben. Es wäre sicher lohnenswert, aus orchesterpädagogischer Sicht den Gedanken eines gemeinsamen ”warming up” nicht nur im Anfängerbereich eines Schulorchesters, sondern auch mit erwachsenen Laien aktuell zu verfolgen. Dabei muss dieses »Aufwärmen« nicht zwangsläufig an tägliche Etüden und stures Einpauken motorischer


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