Melodien zu improvisieren, indem
sie diese »Kontrollwendungen« anwendeten, und schließlich kamen sie dazu,
Musikdiktat[e] ohne Fehler schreiben zu können.
Rhythmussilben, die musikalischen Kräfte führen langsam und organisch den Schüler
zur Entwicklung seiner inneren Fähigkeit. Er entdeckt mit Freuden, daß er
innerlich diese Kräfte realisieren kann, Mit Hilfe dieses Prozesses, lassen sich
alle »Pädagogischen Prinzipien« in der Musikerziehung anwenden und, wo
man der Wahrheit begegnet, entsteht die Sicherheit und der totale Erfolg der
»Musikerziehung«.
Als wir nun dieses Resultat mit den Schülern erreicht hatten, mußten wir noch weitere
Schwierigkeiten erleiden, und zwar größere. Denn es handelte sich nun darum, unser
System obligatorisch zu machen, Und dies, ehe unser System schon wie heute verbreitet
war. Die Direktoren, an ihre didaktischen Prinzipien gewöhnt und nicht in der Lage,
neue Methoden zu studieren, reagierten gegen uns, besonders gegen die Nomenklatur
do-re-mi.
Aber, nachdem die Schüler sich Tonika Do völlig vertraut gemacht hatten, verteidigten
sie selber diese Lehre und bewiesen, daß sie durch diese die größten Mängel
beseitigt hatten, und daß sie dadurch die Musik wirklich bewußt ausführen
konnten.
Zuerst, als wir fühlten, daß wir die Lehre gefährdeten und als Revolutionäre betrachtet
wurden, versuchte ich alle Tonarten mit do-re-mi (d. h. mit den absoluten
Tonnamen) zu unterrichten und die Molltonarten mit la-si-do (hier auch absolute
Benennung). Aber es fehlte etwas an der Lehre, und nach ungefähr dreijähriger
Erfahrung benutzte ich die relativen Silben da-me-ni, und do-re-mi für die absolute
Benennung.
Also, seit 1949 haben wir unseren »Kreuzzug« weiter entwickelt. Dann, als die
Direktoren die »unmöglichen« Resultate der unbegabten Schüler konstatierten, waren
wir beruhigt und können die Methode nun in aller Vollständigkeit anwenden. Wie es
natürlich ist, kommen alle Jahre wenig begabte Schüler zum Unterricht, und gerade
diese erfahren die größte Bereicherung und Belohnung. Ich erinnere mich eines
Mädchens, das ihr letztes Examen für Vomblattsingen machen mußte im Jahre 1953.
Sie war sehr nervös und weinte bei jedem Anlaß. Folgendes Los fiel auf sie:
»Vomblattsingen in Moll mit Modulation und Akzidentien«. Ich gab ihr eine
Melodie in a~Moll, mit 24 Takten, vielen Modulationen und Kreuzen und
B, Sie fing an, mehr zu weinen, aber ihre Sicherheit war so groß, daß, selbst
weinend, sie nicht einen Fehler machte. Die Klasse war begeistert und brachte
ihr Ovationen dar, und sie selbst, voll tiefer Dankbarkeit, kam, um mich zu
umarmen. Im Halbjahresexamen des vergangenen Jahres gab ich ein Diktat in
Moll, nachdem ich sehr gelungene Vorübungen in verschiedenen Tonhöhen in
den vorhergehenden Wochen gemacht hatte. Ich war wirklich überrascht, als
ich den dreizehn Schülern der Vorbereitungsklasse die höchste Nummer geben
konnte.