(ADLV)
unterstützt.
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Hiltrud Schroeder / Eva Rieger, Notleidende ältliche Klavierlehrerin? – Der Allgemeine
Deutsche Lehrerinnenverband (ADLV) und seine Musiksektion, in: ZfMP, 14. Jg. (1989), H.
48 (Januar), S. 33 ff.
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– In der Kestenberg-Ära bekleidete Maria Leo zahlreiche Ämter, aus denen die 60jährige
(zum Katholizismus konvertierte Jüdin) mit der Nationalsozialistischen Machtergreifung
vertrieben wurde. Sie beendete gleichzeitig auch ihre umfangreiche Mitwirkung im
Tonika-Do-Bund, um dessen Arbeit nicht zu gefährden:
Da möchte ich noch gern mitreden [...]. Aber ich sollte eigentlich gar nichts
von all diesen Sachen hören; man sitzt nun allein und darf nichts geben.
Wenn man nur vergessen könnte.
Maria Leo entzog sich 1942 der Verschleppung nach Theresienstadt durch Suizid.
Elisabeth Noack, die einen Teil ihrer Aufgaben im Tonika-Do-Bund übernommen
hatte, schrieb über die letzten Stunden mit Maria Leo einen erschütternden
Bericht.7
[Eva Rieger], Das historische Dokument: Vom Heimgang eines Menschen, in: ZfMP, 14. Jg.
(1989), H. 48 (Januar), S. 42 f. – Da der Text nicht überall leicht zugänglich ist, wird er im
Anhang vollständig wiedergegeben.
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Frieda Loebenstein war fünfzehn Jahre jünger als Maria Leo. Beide verband eine ähnliche
musikpädagogische Tätigkeit, die Entscheidung für TD als Gehörbildungsmethode und
deren Verbreitung durch die Arbeit im Tonika-Do-Bund. Gemeinsam waren ihnen auch
der Verlust ihres Berufsfeldes 1933 und die (frühere oder spätere) Konversion.
Der weitere Lebensweg gestaltete sich dann allerdings sehr unterschiedlich:
Während Maria Leo bis zu ihrem tragische Ende zum Verstummen verurteilt war,
gelang Frieda Loebenstein ein Neuanfang in einem »anderen« Leben »in weiter
Ferne«.
Alfred Stier hat beide Frauen so gesehen (um
1926/1928)8
Alfred Stier, Lobgesang eines Lebens, Kassel 1964, S. 227. – Bedenken gegenüber »rein
intellektuellen Persönlichkeiten« waren in den 20er Jahren verbreitet. – Im »3. Reich« wurden
solche Charakterisierungen rassisch ergänzt und als Machtinstrument mißbraucht.
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Eine weitere tatkräftige Persönlichkeit in der Leitung des Bundes war Maria
Leo in Berlin. Sie kannte als Fachberaterin im Ministerium die großen Mängel
des Privatmusikunterrichtes und hatte in Berlin das erste deutsche Seminar
für Privatmusiklehrer gegründet, das bald zu hohem Ansehen kam.
Für die Tonika-Do-Lehre trat sie mit Temperament, gewürzter Rede und
genauester Sachkenntnis ein.
Frieda Loebenstein zeigte in Hannover, wie man mit den gegebenen
Unterrichtsmitteln in die Harmonielehre einführt, und zwar nicht
am Instrument, sondern im chorischen Singen. Sie arbeitete so
logisch-konsequent, daß ich damals meinte, sie sei eine rein intellektuelle
Persönlichkeit. Die Zukunft hat dann gezeigt, daß sie bei aller Klarheit der
Darstellung in den Tiefen des musikalischen Geschehens verwurzelt war.
Nach dem Ende des 3. Reiches nahm Alfred Stier die Verbindung
zu Frieda Loebenstein wieder auf. Allgemein interessierende Teile des
Briefwechsels wurden in den Rundschreiben des Tonika-Do-Bundes
veröffentlicht.9
Das vollständigste Konvolut der Rundschreiben findet sich im »Nachlaß Elisabeth Noack«
der Hessischen Landes- und Hochschulbibliothek in Darmstadt, der hier für die frdl. und
unkomplizierte Bereitstellung von Materialien gedankt wird.
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