- 36 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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wissenschaftliche Entwicklungen (beispielhaft angeführt werden Kybernetik, Systemtheorie, Informatik und Psychologie) die klassifizierende Trennung von Natur- und Geisteswissenschaften beklagt, ein heute wieder hochaktuelles Problem, das nun allerdings einseitig zuungunsten der Geisteswissenschaften abgehandelt wird4
4 Vgl. z. B. die Diskussion zum Thema ‚Technische Bildung‘ in den 70er Jahren, wie z. B. im Rahmen des 5. Werkpädagogischen Kongresses 1975 in Nürnberg, hier insbesondere die Beiträge von Helmut Nölker, Technik als Bildungsaufgabe der allgemeinbildenden Schule, in: Technische Bildung als Integration von allgemeiner und beruflicher Bildung, hg. von Michael Mende u. a., Berlin: Rossa 1976.

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Die Musikpädagogik (ebenso wie große Teile der Musikwissenschaft) bildete da keine Ausnahme – ganz im Gegenteil: wenig reflektierte Technikvorbehalte oder gar platte Technikfeindlichkeit5

5 Großes Aufsehen erregte Friedrich Blume, als er 1959 das Klangmaterial der frühen elektronischen Musik mit drastischen Worten attackierte. Ein Textbeispiel: „Es mag wohl sein, daß diese nur durch Apparate produzierbare und reproduzierbare Schallgeneration etwas ist, was unser Zeitalter der Atomzertrümmerung und der Vollautomation spiegelt. Mit Musik aber [...] hat dieses volldenaturierte Produkt aus der Montage physikalischer Schälle nichts mehr zu tun. Hier ist die Grenze entschieden überschritten.“ Vor allem von den Komponisten erntete er damals allerdings heftigsten Widerspruch. Vgl. die von der Melos-Redaktion mit der Überschrift Was ist Musik? versehene Teilwiedergabe des Blumeschen Textes sowie die nachfolgenden Stellungnahmen verschiedener Komponisten in: Melos, 26. Jg. (1959), H. 3 (März), S. 65 ff.

finden sich besonders häufig sowohl im Schrifttum als auch in den Diskussionen. Längst als völlig überholte, teilweise geradezu lächerliche Argumente (z. B. „elektronische Klänge haben keine Obertöne“) werden hartnäckig bis in die heutige Zeit angeführt 6

6 Z. B. von Hartmut Köhler, Musikunterricht und Persönlichkeitsbildung. Gedanken zum Musikunterricht mit elektronischen Tasteninstrumenten, in: Musik und Bildung, 18. (77.) Jg. (1986), H. 4 (Apr.), S. 318–322.

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und müssen immer wieder in der musikpädagogischen Diskussion aufgegriffen, korrigiert oder mit positiver Darstellung der möglichen oder notwendigen Ausbildungsziele verbunden werden7

7 Ursprünglich gab es zumindest begrifflich zwischen Kunst und Technik überhaupt keinen Gegensatz; das griechische ‚techne‘ bedeutet so viel wie Kunst, handwerkliche Fähigkeit, Fertigkeit, Verständnis, Einsicht, Kunstfertigkeit ähnlich wie das lateinische ars, das heute noch mit Kunst gleichgesetzt wird. Vgl. zum Bedeutungswandel des Begriffs in der Musikpädagogik Walter Heise, Vom technischen Fach zur fachlichen Technik – Zum Wandel des Begriffs „Technik“ in den zwanziger Jahren, in: Musik im Spektrum von Kultur und Gesellschaft. Festschrift für Brunhilde Sonntag, hg. von Berhard Müßgens, Oliver Kautny u. Martin Gieseking, Osnabrück: epOs 2001 (= Osnabrücker Beiträge zur Musik und Musikerziehung; Bd. 1), S. 355–368.

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Walter Heise sieht vor allem in Deutschland besondere Empfindlichkeiten:

Hier stießen musiktechnische Möglichkeiten immer wieder auf Wellen der Ablehnung, jeweils begleitet von kulturpessimistischen oder gesellschaftspolitischen Kommentaren, die gerade für große Gruppen der – wesentlich literarisch gebildeten – Intelligenz typisch und handlungsbestimmend waren.8

8 Walter Heise, Technische Medien und Musikpädagogik: Stationen aus der Fachgeschichte, in: Neue Musiktechnologie II. Vorträge und Berichte vom KlangArt-Kongreß 1993 ..., hg. von Bernd Enders, Mainz: Schott 1996, S. 297.


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