- 353 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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Dieser Prozeß und der damit verbundene Wertewandel in der Gesellschaft wird sich wahrscheinlich über Jahrzehnte entfalten müssen. Ein Neuanfang heute wird vergleichbar allen Geburten neben der Freude und dem Glück über das neue Leben zugleich auch Schmerzen und Ängste mit sich bringen, vor allem aber Hoffnung. Denn auf diesem Gebiet kommt auf uns, bildlich gesprochen, neben dem neu zu Entwickelnden noch erhebliche Bergungsarbeit zu, die in der Nachkriegszeit nicht geleistet wurde, wodurch uns letztlich ungewollt kulturelle Trümmerfelder hinterlassen worden sind. In dieser Hinsicht stimmt mich der Ausspruch von Platon zuversichtlich und bestätigte sich in meinem Leben immer wieder: „Der Anfang ist auch ein Gott. Wo er waltet, rettet er alles.“


Daß alle diese Überlegungen zu entschiedenen Konsequenzen in der Lehreraus- und Weiterbildung aber auch in der Aus- und Weiterbildung anderer pädagogischer Berufe führen müssen, ist einsichtig. Auch für die Ausbildung von Musikern und Musiktherapeuten sollte das Singen Hauptfach werden. (Vgl. Adamek 1999 u. 1996.) Musiker werden ihre Musik anders spielen, wenn sie im Geiste und der Art und Weise, wie Yehudi Menuhin es beschrieb, zu singen gelernt haben, und sie werden, im Unterschied zur Hauptströmung in der Unterhaltungsindustrie, ihrer besonderen künstlerischen Aufgabe in der Gesellschaft, Menschen zu sensibilisieren, besser gerecht werden können. Komponisten, die von Herzen singen lernten, werden Freude daran entwickeln, an einer ‚Erneuerten Kultur des Singens‘ mitzubauen.


Die Kultur des Singens als Ferment für einen gesellschaftlichen Bewußtseinswandel

Mit der Neuentfaltung einer lebendigen Alltagskultur des Singens mit Hilfe aller, die sich dazu berufen fühlen, wird sich wahrscheinlich auch die Stimmung in der ganzen Gesellschaft schrittweise ändern. Ich bin davon überzeugt, daß Menschen sich und ihre Gesellschaften durch die Art ihres Singens auf subtile Weise zu „stimmen“ vermögen. Auch Yehudi Menuhin war sich sicher: „Wenn Kinder und Erwachsene dieses Mitgefühl und Miterleben mit den anderen wieder lernen, das durch das Singen kommt, dann wird eine bessere Stimmung in der Gesellschaft herrschen.“ (Vgl. Yehudi Menuhin 1999b.) Hierfür hat er sich bis zur letzten Stunde seines Lebens mit Zuversicht engagiert.


Als ich mich mit Yehudi Menuhin im Sommer 1998 in Gesprächen über seine mögliche Schirmherrschaft über die Aktionsgemeinschaft „Il canto del mondo“ befand, schrieb er mir:



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