- 109 -Kinzler, Hartmuth (Hrsg.): Vermittelte Musik 
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Aus den Erfahrungen des Freiburger Projekts Kindliche Lernwelt Musik4

4 Das Forschungsprojekt und seine Ergebnisse wurde erstmals auf der 5. ICMPC Konferenz im August 1998 in Seoul vorgestellt. Ein Forschungsbericht ist in Yi (Hg.) 1999 erschienen. Vgl. ferner auch Gruhn 2000a (i. Dr.).

lassen sich nach dem gegenwärtigen Wissensstand folgende Erkenntnisse formulieren und Schlußfolgerungen ziehen.


(1) Das Gehirn behält zwar zeitlebens seine plastischen Fähigkeiten, doch werden die entscheidenden Netzstrukturen bereits in der Kindheit ausgebildet. Daher liegen die wichtigsten Jahre für das musikalische Lernen in der Vor- und Grundschulzeit.


(2) Lernprozesse in den ersten drei Lebensjahren unterscheiden sich grundlegend von Lernweisen in späterer Zeit. Daher ist der musikalischen Erziehung in diesen Jahren bildungspolitisch und pädagogisch die größte Aufmerksamkeit zu widmen.


(3) Für das musikalische Lernen in den Vor- und Grundschuljahren bedarf es der sowohl musikalisch als auch pädagogisch bestmöglich ausgebildeten Musikerzieher, die gleichermaßen in Musik und Musikpädagogik geschult sein müssen, um die Bildung genuin musikalischer Repräsentationen anleiten und unterstützen zu können.


(4) Der Aufbau von musikalischen Repräsentationen setzt an der Bildung figuraler Repräsentationen an, die durch körperliche Erfahrungen beim Bewegen, Singen und Spielen erworben werden, bevor begriffliche Benennung, symbolische Übertragung (Notation) und theoretische Erklärung sinnvoll hinzutreten können. Musik kann nur musikalisch und nicht über Begriffe und Regeln gelernt werden. Erst auf der Basis figuraler Repräsentationen können sich dann abstrakt symbolische Vorstellungen (formale Repräsentationen) bilden.


(5) Das Gehirn braucht in seiner Entwicklungsphase nicht abstrakte Regeln, sondern gute Beispiele und Muster (Spitzer 1996, S. 334).


(6) Musikalisches Lernen im Sinne des Aufbaus und der Veränderung mentaler Repräsentationen ist ein neurobiologischer Prozeß, der eine langfristige Entwicklung erfordert und in selbstorganisierten Schüben erfolgt.


(7) Lernen verläuft in der Regel nicht in einer linearen Progression, sondern vollzieht sich in qualitativen kognitiven Sprüngen.



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