- 75 -Kim, Jin Hyun: Musikwissenschaft in der Postmoderne 
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zufolge übersieht die Debatte um die Postmoderne die Beziehung zwischen der postmodernen Praxis und der hegemonialen (oder populären) politischen Aufstellung und ignoriert die von Antonio Gramsci und Walter Benjamin wahrgenommene Tatsache, dass die Macht allmählich in den Bereich des alltäglichen Lebens eintritt.52
52
Vgl. Grossberg, L., Putting the Pop Back into Postmodernism, in: Ross, A. (Hrsg.), Universal Abandon?: The Politics of Postmodernism, Minneapolis: University of Minnesota Press, 1988, S. 167–190, hier: S. 177.

Eine Interpretation der populären Kultur im Sinne eines Eindringens der hohen, machtbezogenen Kultur in die aus marxistischer Sicht politisch ohnmächtige Masse hält Grossberg für verfehlt. Eine solche Ansicht ignoriert die komplizierte Form der Vereinigung und der Umwandlung, die als eine spezifische kulturelle Praxisbewegung zwischen den ökonomischen, gesellschaftlichen Strukturen und den Lebensbereichen geschehen. Seine These lautet, dass in der Tat die spezifische postmoderne Praxis in der Form der populären Kultur mächtiger vorhanden ist, indem sich die Strategie der zeitgenössischen Kultur allmählich der Form der Massenmedien nähert. Er sieht im Wandel des Terrains von der Kultur zum Alltagsleben eine Möglichkeit, dass ›anything‹ postmodern sein kann, aber die Postmoderne das Populäre nicht erschöpft.53

53
Vgl. ebd., S. 177–178.

Grossberg greift ein von Fredric Jameson genanntes Merkmal der postmodernen Kultur, »das Schwinden des Affekts« auf: Es handele sich dabei Grossberg zufolge um den Zusammenbruch der Differenz zwischen Affekt und Bedeutung. Die gegenwärtige ideologische Struktur scheint ihm die affektiven Erfahrungen nicht beeinflussen zu können. Die affektiven Momente sind mit der Struktur der Bedeutung und Subjektivität weniger verbunden, sondern vielmehr autonom. Nach Grossberg wird die Beziehung der ideologischen Struktur auf unsere affektive Stimmung immer geringer, wie Par Aufderheide wie folgt geschrieben hat:

This is the generation that inherited the cry, ›I can’t get no satisfaction.‹ And they live its contradictions, grabbing at satisfactions while rejecting the possibility itself. It’s a punk ethos, nihilism constructed punishingly with the tools of consumer passion.54

54
Ebd., 180.

Die Postmoderne führt nach Grossberg die Realität und die Ideologie auf die Fragen des Affekts zurück, ob und inwiefern die ideologischen Elemente nicht durch ihre Bedeutungen bestimmt, sondern in den affektiven Strukturen enthalten sein können. Grossberg sieht dabei die Möglichkeit zur Verbindung des Affektes mit der Realität ohne die Vermittlung der Ideologie.55

55
Vgl. ebd., S. 181.

Als ein markantes Beispiel für seine Theorie führt Grossberg die Musik Bruce Springsteens an, welche die besondere affektive Struktur und den Widerspruch der Postmoderne ausdrücklich prägt. Springsteen singt z. B. über den Widerspruch von Traum und Realität (»The River«), über die Unmöglichkeit der Bedeutung (»Glory Days«, »Growing up«). Im Rock & Roll wandeln sich die Zeichen der affektiven Widersprüche – so Grossberg – zu Ausdrücken der affektiven Ermächtigung – Lärm, Gewalt, Zerstörung etc. – um.56

56
Vgl. ebd., S. 184–185.
Den weiteren Aspekt der affektiven Struktur des

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