Notation, die eine geistige Schöpfung voraussetzt, zu
realisieren.6
Damit hebt sie das musikalische Objekt an die Stelle der Musiknote
hervor.7
Dies führt zu einem Delegitimationsprozess der abendländischen Kunstmusik, da sie
im Zuge der Verschriftlichung von Kultur, bzw. Buch- oder Notendruck ihre
Legitimation gefunden hat. Durch die Verschriftlichung bzw. Fixierung des
Kulturguts fungiert die europäische Tonkunst als ein Kriterium, verschiedene
Musikphänomene zu überprüfen und zu beurteilen. Durch eine neue Möglichkeit der
Aufzeichnung und Fixierung der musikalischen Phänomene, die aber im Rahmen der
europäischen E-Musik entstanden ist, verliert die abendländische Kunstmusik ihre
Legitimationskraft. Der Delegitimationsprozess in den Musikphänomenen, der in
Verbindung mit einer neuen Erfindung des Begriffs »Musik« bei Cage eröffnet wurde,
entfaltet sich nun im Zuge der technischen Entwicklungen der musikalischen
Medien.
Der etwa 1960 gegen den strengen Serialismus entstandene, als »Minimal Music«
bezeichnete Stil, der durch ein auf wenige Elemente reduziertes Material, gleichförmige
Abläufe wie etwa permanentes Wiederholen kurzer Passagen und additives Überlagern
gekennzeichnet ist, hat seine Wurzeln zum einem in der außereuropäischen Musik, zum
anderen in der Elektronischen Musik. Die Minimal Music, die von Terry Riley, Phillip
Glass und Steve Reich ausgeprägt worden ist, löst den zentrale Begriff der
traditionellen abendländischen Musik, nämlich denjenigen der Entwicklung
auf. Die Minimal Music akzentuiert die Prozessualität der Musik im Zuge der
Aufführung, während sie bei Cage nur beim Akt des Komponierens berücksichtigt
wurde.8
Vgl. Reich, S., Musik als gradueller Prozeß, in: Danuser, H. / Kämper, D. / Terse, P. (Hrsg.),
Amerikanische Musik seit Charles Ives, Laaber: Laaber, 1993, S. 289.
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Es handelt
sich um einen »extrem grauduell[en]« musikalischen Prozess, der eine erhöhte Aufmerksamkeit des
Zuhörers erweckt.9
Beim Hören der sich dauernd wiederholenden Minimal Music wird der Tonhöhenverlauf
nicht als Melodie, sondern vielmehr als Rhythmus wahrgenommen. Die
Funktion der Harmonie verschwindet aufgrund der Horizontalität der
Minimal Music. Dieser Stil fordert keinen hörenden Mitvollzug musikalischer
Form,10
Danuser, H., Neue Musik, in: Finscher, L. (Hrsg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart,
Sachteil 7, 2. neubearbeitete Aufl. 1997, Sp. 108.
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welcher beim Hören von Werken der klassisch-romantischen Tradition und
der im Formbegriff daran anschließenden Neuen Musik eine Voraussetzung
bildet. Die Minimal Music bindet das Hören an das hic et nunc des
klingenden Augenblicks in einem kontinuierlichen, auf lange Dauer angelegten
Klangstrom.11
Damit zielt die Minimal Music auf die Hingabe des Zuhörers an den musikalischen Prozess,
der eine Lenkung der Aufmerksamkeit weg vom Er, Sie, Du und Ich hinaus zum Es
ermöglicht.12
Reich, S., Musik als gradueller Prozeß, a. a. O., S. 290.
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Die Möglichkeiten der Minimal Music werden durch die Bearbeitung des Tonbandes
und des Sequenzers gefunden. Beispielsweise ist die Phase Music Steve Reichs wie
»Come Out« oder »Melodica« ein Ergebnis der »graduellen« Phasenverschiebung
durch die unterschiedliche Wiedergabegeschwindigkeit von zwei verschiedenen
Tonbandgeräten.13
Vgl., Lovisa, F. R., Minimal-music. Entwicklung. Komponisten. Werke, Darmstadt:
Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1996, S. 67–68.
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Die Entwicklung des Sequenzers bietet die geringfügige Änderung
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