- 83 -Kietz, Nicola: Musikverstehen und Sprachverstehen 
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Als nächstes wurden auf dieser Grundlage Betonungsränge für die einzelnen Töne der Melodie abgeleitet. Dafür griffen Sundberg/ Lindblom auf eine linguistische Methode von Chomsky/Halle ("The Sound Pattern of English", 1968) zurück, durch die die Prosodie des Englischen (z.B. die Betonungen bestimmter Wörter und Silben) aus der Konstituentenstruktur der jeweiligen Äußerung hergeleitet werden kann. Im Falle der schwedischen Kinderlieder erhielt jede Zählzeit zuerst den Betonungsrang 1 und das Gebilde als Ganzes eine der Konstituentenstruktur entsprechende Klammerdarstellung (s. Abb. 29 für den Fall einer 8-taktigen Periode).


Abb. 29: Ableitung der Betonungsränge in einer 8-taktigen Periode (aus: Sundberg/Lindblom 1991, S. 251/252)

Die Auflösung der Klammern erfolgte schrittweise von innen nach außen, wobei auf Fußebene der Rang, der links in der verbleibenden Klammer stand, beibehalten wurde, während der rechte um 1 erhöht wurde. Auf den anderen Ebenen war es in der verbleibenden Klammer hingegen der vorletzte rechte Betonungsrang, der gleich blieb. So erhielten Sundberg/Lindblom eine Betonungsrangfolge (prominence contour), bei der der stärkste Rang auf die vorletzte Zählzeit fiel, so, wie es für 8-taktige schwedische Kinderlieder üblich ist (s. Abbildung).

Ausgehend von diesen Betonungsrängen wurden in drei weiteren Teilen der Theorie anhand bestimmter Regeln Tondauern und Harmonien ausgewählt (z.B. wurde dem höchsten Betonungsrang immer die Tonika zu-gewiesen, und nur Zählzeiten mit Rängen <= 4 durften neue Akkorde einführen; für Details s. Sundberg/Lindblom 1976) und anschließend die Tonhöhen bestimmt (bei hohen Betonungsrängen waren beispielsweise nur Noten des jeweiligen Akkordes möglich, sonst auch Durchgangsnoten und Vorhalte), so daß eine harmonisierte Melodie entstand. Das vollständige generative Modell wird noch einmal in Abb. 30 dargestellt:


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