- 79 -Kietz, Nicola: Musikverstehen und Sprachverstehen 
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Im empirischen Teil seines Buches versucht Bruhn im folgenden nachzuweisen, daß objektive und subjektive harmonische Struktur isomorph sind, d.h., daß

a) Angehörige unseres Kulturkreises über Schemata verfügen, musikalische Akkorde voneinander unterscheiden zu können;
b) die Relationen zwischen den musikalischen Informationen durch die Existenz entsprechender mentaler propositionaler Verbindungen erfaßt werden können;
c) durch die mentalen propositionalen Beziehungen ein sinnvolles Strukturieren des (musikalischen) Materials möglich ist (im Sinne der Musiktheorie);
d) für die Fähigkeiten unter a)-c) nicht notwendigerweise deklaratives (= bewußtseinsfähiges) Wissen erforderlich ist, sondern daß prozedurales (= nicht bewußtseinspflichtiges) Wissen ausreicht.

In verschiedenen Experimenten sollten über Kopfhörer dargebotene Akkorde auf Identität/Unterschiedlichkeit (Exp.1) bzw. den Grad der Zusammengehörigkeit (Exp.2) hin beurteilt sowie selbst Folgen von zwei und drei Akkorden komponiert werden (Exp.3). Gegenstand der Experimente waren alle möglichen aus kleinen und grossen Terzen bildbaren Drei- und Vierklänge (= 11 Akkordtypen). Die Gruppe der Versuchspersonen (Vpn) bestand aus musikalischen Experten und musikalischen Laien, deren Ergebnisse jeweils getrennt behandelt wurden.

Die Basishypothese einer Entsprechung von objektiver und subjektiver Struktur mußte nach Auswertung der Ergebnisse zurückgewiesen werden. Die Annahme erwies sich als nicht haltbar, da die Vpn nicht immer zwischen ähnlichen und identischen Akkorden unterscheiden konnten. Zwar schienen alle Teilnehmer Schemata zu besitzen, nach denen sie konsequent urteilten, doch diese mußten aufgrund der Ergebnisse unterschiedlich ausgeprägt sein.

Hypothese b) konnte dagegen in Experiment 2 bestätigt werden. Sowohl Laien als auch Experten bewerteten die Beziehungen zwischen Akkorden dem Regelwerk der Harmonielehre entsprechend, d.h. die Funktionen der Akkorde innerhalb der Sequenz wurden erkannt.
Auch Hypothese c) bestätigte sich. In Experiment 3 stellte sich nämlich heraus, daß alle Vpn Akkorde sinnvoll so zusammenfügen


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