- 424 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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das betreffende Gebiet zu gewinnen beginnt. Schon jetzt aber zeigen die Pläne der Verbindung von Staatsoper und Tonfilm, wie sie in Preußen existieren, was sich hier vorbereitet.


Wenn hierbei schon der Tonfilm, trotz seines zur Zeit noch recht unzulänglichen technischen Standes, als entscheidender Faktor auftritt, so muß man sich einmal die Situation anschauen, wie sie sich voraussichtlich gestalten wird, wenn in einer späteren Zeit Tonfilm, Fernsehen und Fernfilmübertragung zu der dabei möglichen Vollkommenheit gebracht worden sind. Wir sahen vorhin, daß sich die Technik die Aufgabe gestellt hat, den klanglichen und den optischen Vorgang in vollständiger Naturtreue wiederzugeben. Der jetzige Zustand, der ein Arbeiten mit den eingeschränktesten technischen Mitteln bedingt, ist also nur ein Provisorium. Das Ziel der Entwicklung ist die technisch vollkommene, in unzähligen Exemplaren verbreitbare, mit jeder möglichen Darbietung zu beschickende Fernbühne, deren Charakter freilich weit mehr und anderes umfassen wird als der irgendeiner der jetzt vorhandenen Theaterbühnen. Das Fernsehen wird uns ermöglichen, den Blick in Theater und Opernhäuser derart zu tun, daß uns die betreffenden Vorstellungen mit vollständiger Naturtreue ins eigene Heim gesendet werden. Wenn wir uns gegenüber derartigen Zukunftsaussichten noch jetzt mit der Ausflucht retten können, daß die dabei erzielte Wirklichkeitstreue relativ nur unzulänglich sein könne, so wird dieses Argument in Zukunft mehr und mehr wegfallen. In dem Augenblick, wo Oper, Theater und Tonfilm drahtlos gesendet werden können, bedeutet dies andererseits, daß den damit betrauten Zentralstellen, voraussichtlich denen des Rundfunks, riesige Geldmittel zufließen, mit denen sie alle in Frage kommenden Gebiete vollständig neu organisieren können. Während also bisher jede Oper und viele Theater auf Zuschüsse angewiesen sind, wird in Zukunft das Rundfunktheater und die Rundfunkoper entstehen, beides Unternehmungen, deren organisatorische Basis von jeder jetzt möglichen vollständig unterschieden ist. Wie wir jetzt schon, besonders in England, deutlich genug beobachten können, daß der Rundfunk das zentrale organisatorische Prinzip des gesamten Konzertlebens ist, so wird sich der gleiche Vorgang auf alle bis dahin erfaßten Gebiete ausdehnen. Dabei wird nicht ausschließlich die technische Weiterverbreitung das Kennzeichnende sein, sondern vielmehr die gleiche Verbindung von unmittelbarer Darbietung mit der technisch vermittelten, wie wir sie in England seit langem, in


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