- 393 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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wissenschaftlicher, ist eine vorwiegend objektive und systematische Arbeit. Auf dieser Basis wird sich eine Orchestration vorbereiten, die sich in ganz neuen ungeahnten Dimensionen entwickeln wird. Der Künstler, der die organische Verbindung der Probleme der Kunst mit den neuen Möglichkeiten der Maschine anstrebt, weiß, daß er nicht mehr über Nacht gleichsam vollendete Werke aus sich herausstellen kann, daß er so das innere Bild des Neuen nicht zu realisieren vermag. Er ist sich bewußt, daß ein noch Unerschlossenes ihn erwartet, zu dem es keine Brücke von seinem jetzigen Handwerk aus gibt. Allenfalls läßt sich die Bedeutung der augenblicklichen Situation, deren wahres Gesicht durch den Tagesbetrieb verschleiert wird, voll ermessen, sofern man sie mit den Anfängen europäischer Kunst in vergleichende Beziehung setzt.


Immerhin scheint der “Anfang” gebunden zu sein an eine neue Generation, die noch unsichtbar, noch nicht in Erscheinung getreten ist. Denn die Prominenten und Arrivierten der Literatur, Musik und Malerei begnügen sich noch mit der handwerklichen Art zu produzieren, haben den Anschluß an die Zukunft verpaßt. Der Weg ist, die neuen Formmöglichkeiten in den Entwicklungsgang der Kunst überhaupt einzuordnen. Film und Tonfilm werden dann nicht mehr Gattungen neben den bisherigen Künsten, sondern Basis für ihren Fortgang, schlechthin ”kommende Kunst” sein. Das Resultat wird so neu sein, daß es mit dem tönenden und stummen Film von heute, wie mit den ästhetischen Vorstellungen bisheriger Kunst, deren Gehalt wesentlich durch die handwerkliche Produktionsmethode mitbestimmmt wird, nur wenig zu tun hat. Das Ergebnis bedeutet eine grundsätzlich neue, mit den Mitteln des logischen Denkens allein nicht erzwingbare Stellungnahme gegenüber dem Problem “Kunst“ überhaupt. Ist aus der Maschine ebensowenig herzuleiten wie aus der bisherigen künstlerischen Denkweise. Der Prozeß ist Übergang gleichsam in der Luftlinie, im Geistigen.


Der Künstler, der diese Anschauungen vertritt, steht, da er von seinem Arbeitsgerät getrennt ist, vor dem Nichts — solange sich die Maschine in den Händen einer Organisation befindet, deren geistige Unzulänglichkeit und Verantwortungslosigkeit in kulturellen Dingen sich in der heutigen Filmproduktion widerspiegelt. Eine aus den Kreisen seiner Machthaber kommende Änderung wird nicht zu erwarten sein. Das Publikum zur Verantwortung heranzuziehen wäre


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