filmeigene oder filmfremde Musik? In diesem Wettstreit hätte der Komponist, der neu schaffende Musiker, angesichts der Chancen, die der Tonfilm ihm bietet, eine stärkere Position als je zuvor. Doch zur Schicksalsfrage wird plötzlich für ihn die radikalere Alternative: Musikfilm oder — musikloser Film? Allenfalls mit den Zwischenstufen der nur gelegentlich hinzutretenden, aus der Filmhandlung unmittelbar erwachsenden Musik. Im alten Filmtheater, mochte die Musik, die sich darin machen ließ, noch so unzulänglich sein, hatte der Musiker immerhin eine Art von Monopolstellung, das Ohr des Zuschauers war sozusagen seine privilegierte Domäne; der stumme Film konnte ohne Musik nicht existieren. Im Tonfilm, der sich a priori auch an das Ohr des Hörers, nicht mehr nur Zuschauers, wendet, gibt es, vom gesprochenen Wort bis zum Hundegebell und Maschinengetöse, eine unabsehbare Reihe außermusikalischer Mittel, Geräusch zu erzeugen, also Musik entbehrlich zu machen, ja, endlich vielleicht ganz auszuschalten.

Die Geburt des Tonfilms ist die Schicksalsstunde der Filmmusik: ihr Anfang — oder Ende. Ein wenig wird es von den Musikern abhängen, ob die Kunstform des Musikfilms sich im Tonfilm vollendet; ob der Tonfilm seine Zukunft als Musikfilm hat. Was wäre aus der anfechtbarsten, fragwürdigsten aller Kunstgattungen, was wäre aus der Oper geworden, wären nicht höchste Kunstwerte der Musikgeschichte darin angelegt? Die Musik wird ihre besten Kräfte mobilisieren müssen, um den Tonfilm zu erobern. Noch nie hatte der Musiker eine Gelegenheit wie diese, sich im Film durchzusetzen. Am Ende wäre es doch ein bißchen komisch, wenn die deutsche Musik sich von Maschinenlärm und Hundegekläff unterkriegen ließe.