- 198 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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die Technik im Theater, also dem Theaterbau und der Bühne mit allem, was ihr zugehört.


Technik des Theaters ist schwer abzugrenzen. Sie beginnt nicht erst dort, wo die Maschine einsetzt. Sie ist nicht nur auf das Mechanische beschränkt. Sie wirkt hinein in die Arbeit des Bühnenmalers, des Regisseurs und des Darstellers. Nicht das System des Schnürbodens, der Beleuchtung, der dreh- oder schiebbaren Bühnen ist das einzige technische Element der Bühne, denn genau so gehören hinein etwa die Gestaltung des Bühnenraumes, die auf das Technische und Plastische bestimmte Malerei, das Kostümwesen, und man ist schließlich nicht ohne Grund gewohnt, von dramatischer Technik, von Dirigier-, Sprach- und Gesangstechnik zu sprechen.


Für die Gestaltung der Bühne und ihrer technischen Vorgänge ist heute an den meisten Theatern der Bühnenmaler verantwortlich, dem die technischen Fachleute unterstellt sind. Es gibt daneben wenige hervorragende Fälle, in denen der technische Direktor zugleich Künstler ist und dadurch seine Funktionen erweitert. Der Bühnenmaler wiederum ist undenkbar ohne den Regisseur. Das Bühnenmodell einer Dekoration ist die gemeinsame Arbeit von Regisseur, Maler und Techniker, und ebenso entsteht die Beleuchtung aus dieser Kollektivarbeit. Im Theater verwischen sich die Grenzen der einzelnen Gebiete, sie müssen es tun, wenn überhaupt eine Einheit entstehen soll.


Der Bühnenmaler ist eine relativ junge Erscheinung, und seine Art wie sein Einfluß haben sich in den wenigen Jahren seiner Existenz häufig und wesentlich verändert. Früher gab es nur schematisch wiederkehrende Dekorationen, die fabrikmäßig hergestellt werden konnten. Es gab die Waldlandschaft, die Stadt, den Saal, das Bauernzimmer, das Rokokozimmer usw. Diese Dekorationen wurden wechselnd für alle Stücke verwendet, ohne daß man bestrebt war, hier eigene künstlerische und formale Ansichten zum Ausdruck zu bringen. Inzwischen sind wir auf dem Gebiet der Bühnenausstattung subjektiv und damit zugleich opulent geworden. Heute hat fast jedes Theater sein eigenes Malatelier, und fast jedes Stück wird in der Ausstattung individuell und neu gestaltet. An die Stelle der Dekoration ist die Raumgestaltung oder die Bühnenarchitektur getreten. Wir haben es im letzten Jahrzehnt erlebt, wie die Bühnenmalerei sich selbständig machte, wie sie neben und oft auch gegen den Regisseur ein wahres Feuerwerk von Einfällen verschwendete, denen oft der Einfall wie die Einfalt fehlten


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