- 158 -Kestenberg, Leo (Hrsg.): Kunst und Technik 
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Verleger und das Verhältnis zwischen Persönlichkeitsrecht und Vermögensrecht im Urheberrecht ins Gleichgewicht zu bringen.

Es gibt kein Gebiet, auf dem der Einfluß des unserm Volke aufgezwungenen und wesensfremden römischen Rechtes sich so hemmend ausgewirkt hat wie das Gebiet des Urheberrechts. Dem römischen Recht war ein Urheberrecht natürlich unbekannt, weil eben die technischen Möglichkeiten der Verbreitung eines Gedankens noch so beschränkt waren, daß ein Schutzbedürfnis nicht vorlag. Wären solche Möglichkeiten gegeben gewesen, so hätte sich der nüchterne Geist des Römers bestimmt darauf beschränkt, ihre wirtschaftliche Auswertung zu schützen. Denn für das römische Recht waren ein für allemal nur in Geld ausdrückbare Güter schützenswert. Dieses Geistes erdgebundene Unbeweglichkeit spukt bis in die Gegenwart in unserm Recht. Konnte man den Urheber als geistigen Eigentümer schützen? Nein, denn Eigentum ist nur das Recht an körperlichen Sachen. Konnte man seine Werke über seinen Tod hinaus bewahren? Nein, denn der Tote hat kein Recht, und die Entstellung seines Werkes (immer vorausgesetzt, daß sie ihm einen in Geld ausdrückbaren Schaden getan hätte), tut ihm ja nicht mehr weh.


Es ist das Verdienst Gierkes, im Kampf mit dieser Auffassung, die sein großer Gegenspieler Kohler vertrat, dem deutschen Rechtsempfinden zum Siege verholfen zu haben: zunächst allerdings nur im Bereiche der Wissenschaft und der Rechtsprechung: Die Gesetzgebung hat bisher seine vorbildlich klare Lehre nicht übernommen, sehr zum Schaden des kulturellen Lebens, wie weiterhin dargestellt werden wird.


Kohler, dem übrigens ein feines Verständnis für die Voraussetzungen künstlerischen Schaffens nicht abgesprochen werden darf, bemühte sich in einer ganzen Reihe von Veröffentlichungen darum, das Unmögliche möglich zu machen; nämlich aus dem Geiste römischen Rechtes nicht nur den materiellen, sondern auch den ideellen Wert des Kunstwerks zu sichern. Neben einem eigentumsähnlichen Immaterialgüterrecht wies er dem Autor ein Individualrecht zu, das er einem allgemeinen Recht der bürgerlichen Persönlichkeit (auf Führung ihres Namens, auf Wahrung der Diskretion usw.) entnahm. Aber er verkannte das besondere Recht der schöpferischen Persönlichkeit, und es gelang ihm nicht, dieses Persönlichkeitsrecht zu dem Vermögensrecht in das rechte Verhältnis zu bringen.


Gierke dagegen erkannte, daß es für das deutsche Rechtsempfinden


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