- 7 -Kayser-Kadereit, Claudia: Das Laiensinfonieorchester im Horizont von Anspruch und Wirklichkeit 
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Handelns« verstanden wird. »Bildung als Überprüfung und Erweiterung von Wirklichkeitskonstruktionen ist mehr als Vermittlung und Aneignung von Wissen und Qualifikationen, sie ist auch Selbstaufklärung.«23
23 SIEBERT 1997, S. 7.
Ein auf diese Komponenten ausgerichtetes Verständnis des Bildungsbegriffes korrespondiert mit der erwähnten Freizeit- und/oder Leistungsorientierung der Laienorchester, die sich aus Erwachsenen verschiedener Altersstufen und unterschiedlichster Sozialisation zusammensetzen. Dabei kann neben dem musikalischen auch der außermusikalische Erfahrungsbereich des Orchesterspielers einbezogen werden. Es wird angesichts dieser Prämisse zu untersuchen sein, ob das Bildungsverständnis der aktiven Laienmusiker, ohne fachwissenschaftlichen Fragestellungen genügen zu wollen, das empfundene Bildungsbedürfnis im Sinne der o.g. erwachsenenpädagogischen Interpretation intuitiv zum Ausdruck bringt. Untersucht man den von Laienmusikern wiederholt im Zusammenhang mit dem Selbstverständnis ihrer Zielsetzung verwendeten Begriff des ›Bildungsauftrages‹ auf seine inhaltliche Bedeutung hin, zeigt es sich, daß er oftmals auf ein Verständnis der 1920er Jahre, und damit auf eine bereits Historie gewordene gesellschaftliche und bildungspolitische Situation zurückgeht und seit 1952 keine nennenswerte inhaltliche Neudefinition erfahren hat. Ein geschichtlicher Rückblick am Beispiel des BDLO läßt dies deutlich werden, auch wenn für die Jahre vor 1952 keine umfassende Repertoiredokumentation rekonstruiert werden kann, um den aktuellen Umgang mit ideellen Zielsetzungen interpretieren zu können. Denn gerade die historische Parallelität zu Volksbildungsbestrebungen, Reformpädagogik und musikalischer Jugendbewegung der Weimarer Zeit ist z.B. aufschlußreich für das Verständnis der bis in die Gegenwart immer wiederkehrenden Argumentation, Laiensinfonieorchester sollten ›geeignete‹ oder extra für sie komponierte Literatur spielen. Es wird zu untersuchen sein, mit welchen Inhalten die Zielsetzungen der Laienorchesterarbeit im allgemeinen, und der postulierte ›Bildungsauftrag‹ im besonderen gefüllt sind, oder ob sie eher als individuelle »Lebenshilfe« im Sinne ECKART-BÄCKERS24
24 ECKART-BÄCKER 1988, S. 171.
fungieren können.

Ein interdisziplinärer Ansatz, ausgehend von der Musikwissenschaft und der Erwachsenenpädagogik, liegt nahe, da Laienorchester im oben beschriebenen Sinne als außerschulisches Lernfeld für Erwachsene die Kriterien eines »selbstgewählten, zielgerichteten und organisierten Lernprozesses« der Erwachsenenbildung erfüllen. Die Erwachsenenbildung ist ihrerseits auf Kooperationen mit einzelnen Fachdisziplinen angewiesen.25

25 »Ein solcher komplexer Gegenstand wie die Erwachsenenbildung erfordert eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und verschiedene Untersuchungsmethoden. Daß die einzelnen Theoretiker meist nur von ihrer Spezialdisziplin einen Zugang zu der Erwachsenenbildung finden, ist kaum zu vermeiden.« (SIEBERT 1981, S. 101.)
Aber auch für den Betrachtungsausschnitt der Beziehung zwischen Laienorchestern und musikalischer Erwachsenenbildung werden zunächst zwei Grundprobleme offenbar, nämlich die Komplexität der erwachsenenpädagogischen Kriterien und das Defizit an empirischen Daten. Somit werden einzelne Fragen zunächst unbeantwortet bleiben müssen. Ziel ist jedoch, solchen Fragen ihren Standort in einem größeren Untersuchungszusammenhang zuzuweisen. Aber es ist vermutlich möglich, für einen Ausschnitt der musikalischen Erwachsenenbildung, die Laienorchesterarbeit, ein »theoretisches Teilstück« wissenschaftlicher Musikpädagogik zu

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