an alter Musik Interesse zeigten. Die Nachfrage regelte das Angebot, und die
Verleger reagierten schnell. Als ›alte Musik‹ galten bereits Werke, die zwanzig
Jahre zuvor entstanden waren. Schon bald konnten Laienorchester aber auch
gedruckte Werke der Vor- und Frühklassik auflegen und sich nach und nach das
sinfonische und oratorische Werk Haydns, Mozarts und Beethovens erschließen. Das
aktuelle sinfonische Feld dagegen blieb bis auf weiteres den Berufsorchestern
vorbehalten.
3. Werksorchester in Sinfonieorchesterbesetzung haben sich erst zu
Beginn des 20. Jahrhunderts gebildet und gleichen in ihrer Struktur den
bürgerlichen Orchestervereinen, zumal sie sich gegenüber den Werkskapellen
und -chören aus den höheren Angestellten und Beamten eines Betriebes
zusammensetzten.73
73 Siehe STEEGMANN S. 24.
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Sie haben ihre Wurzeln in der allgemeinen Arbeiterbildungsbewegung,
die nach der Revolution von 1848 einen erneuten Aufschwung erfuhr.
Werksorchester74
74 Ein »Werksorchester« war aber nun keineswegs die Formation eines Sinfonieorchesters.
Überwiegend bildeten sich Werkskapellen in Erweiterung der ›Bergkapellen‹ des
Industriezweiges Bergbau. Werkskapellen waren Blaskapellen, deren differenzierte
Entwicklung im Sammelband »Musik und Industrie« von MONICA STEEGMANN
überzeugend nachgezeichnet wird. Sinfonieorchester bildeten sich erst in einer
dritten Entwicklungsstufe neben Werkschören und -kapellen in Großunternehmen,
die in der Hand eines privaten Industriellen (z.B. Krupp in Essen, Duisberg in
Elberfeld) lagen, und in denen neben den Arbeitern auch zahlreiche Beamte und
Kleinbürger beschäftigt waren, die sich eher zum Sinfonieorchester als zur Blaskapelle
orientierten.
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orientierten sich zunächst auch an der Struktur der bürgerlichen
Liebhaberkonzerte und etablierten sich in einer mehrstufigen Entwicklung des
»Arbeiterkonzertes«:75
75 Zur Problematik des Terminus »Arbeiterkonzert« für Veranstaltungen von
oder für Arbeiter, oder für eine musikalische Gattung, siehe SCHWAB 1978,
S. 86.
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- 1. Stufe: Bürgerliche Orchester veranstalteten Wohltätigkeitskonzerte für Bürger,
der Erlös ging notleidenden Arbeitern zu.
- 2. Stufe: Bürgerliche Orchester veranstalteten Volkskonzerte für mittlere und
untere Bürgerschichten und Teile der Arbeiterschaft, die als Hörer einen ersten
musikalischen Bildungsprozeß erlebten.
- 3. Stufe: Arbeiter wurden in Werkschören aktiv.
- 4. Stufe: Es gründeten sich Arbeiterkammerorchester, Werkskapellen und Werks-
(Sinfonie-)orchester.
Bildungsinteressen des Bürgertums (Instrumentalspiel) und der Arbeiterschaft (Konzertbesuch)
wurden auf diese Weise durch die Firmenleitung verknüpft und als betriebsinterner
Bildungsauftrag gesehen. Dahinter stand aber auch die Absicht, die Arbeitsmoral durch
sinnvolle Freizeitangebote zu sichern und den Alkoholkonsum im Wirtshaus in Grenzen zu
halten.76
76 Siehe STEEGMANN, S. 17 und S. 9; Vgl. GUTKNECHT, S. 391–393.
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Hinzu kamen Anstöße der nach 1848 durch die Versammlungsfreiheit erstarkenden
Arbeiterbildungsbewegung sowie konkrete Anlässe innerhalb der Werksgemeinschaften,
die nach einer feierlichen musikalischen Umrahmung verlangten. Durch das längst übliche
gemeinsame Singen zu Arbeitsbeginn oder während der Arbeitsstunden (bes. bei Frauen) lag
es nahe, die musikalischen Möglichkeiten zu erweitern. Das musikalische Angebot umfaßte
»1. Vorführung guter Musik durch Künstler und 2. Anleitung zum selbständigen
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