- 17 -Kautny, Oliver (Hrsg.): Arvo Pärt - Rezeption und Wirkung seiner Musik 
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verfolgen, wie rasch sich der junge I. Strawinsky zur Seite der offenen Dekadenz hin entwickelte, aufgehetzt durch die Zeitgenössischen und ihren Ideologen Sergej Djagilew. Von den scharfen impressionistischen Würzen des Feuervogel kommt er zur barbarischen Kakophonie des Sacre du printemps, in dem sich der Lobpreis der wilden Instinkte des vorgeschichtlichen Menschen mit grober Verletzung der Gesetze der Schönheit und des Wohlklangs verbindet. Der russische Modernismus ahmt von nun an nicht nur ausländische Neuerungen nach, sondern wird in der Person I. Strawinskys selbst zum Vorbild für die gebrechliche europäische Kunst. Die Petersburger Dekadenten versuchten aktiv und nicht ohne Erfolg, auch das eigenwüchsige Talent Sergej Prokofjews in die modernistische Bahn zu lenken. Im Auftrag desselben S. Djagilew schafft S. Prokofjew solche ultra-modernistischen Partituren wie die Skythische Suite und das Ballet Schut [...]."(Schawerdjan 1948, 21f.; Gojowy 1980, 353ff.)

Weiter geht es in diesem Stil gegen alle neuen Strömungen der 20er Jahre, mochten sie zu subjektiv-intimen Charakters oder auch futuristisch-provokatorischen Charakters sein, gegen die Assoziation für zeitgenössische Musik (ASM), die 1923 an den Akademien für Kunstwissenschaften gegründet worden war und der praktisch alle namhaften Komponisten angehörten, und ihre Aktivitäten.

"Nach dem Wesen ihrer Plattform und ihrer ganzen Tätigkeit war die Assoziation für zeitgenössische Musik nichts anderes als eine Abteilung der sogenannten Internationalen Gesellschaft für Neue Musik, dieser internationalen Organisation zur Propagierung formalistischer Kunst. Die ASM wurde würdig geleitet durch den Stab der Internationalen Gesellschaft, wo es zum Beispiel möglich war, eine derartige programmatische Definition des Begriffes zeitgenössische Musik zu verlesen: 'Zeitgenössische Musik nennt sich die Musik aller europäischen Länder, die im Laufe der letzten fünfzehn Jahre geschrieben wurde.' Damit verweigerte die ASM den Kampf um einen besonderen Weg der sowjetischen Musik, ideenmäßig und stilistisch verbunden mit dem Leben unseres revolutionären Volkes, mit dem gesellschaftlich-politischen Leben unseres Landes [...]. In Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, speziellen Sammelheften, Broschüren und dicken Büchern wurden Casella, Milhaud, Krenek, Berg, Schönberg, Hindemith und andere große und kleine Abgötter des Modernismus beweihräuchert. Besonders viel Mühe verwandte man auf die Propagierung von Strawinsky [...]. In speziellen Zeitschriften, in soliden Sammelheften, Massenwegweisern, in zahlreichen Aufsätzen ging die organisierte intensivste Propaganda für formalistische Werke und formalistische Kunstanschauungen in die Breite. Die Apologetik der häßlichen Vorbilder fremdländischen und heimatlichen Modernismusses rief Befremden und Protest unter den breiten Hörerschichten hervor, aber sie zeigte ihre verderbliche Auswirkung auf die Praxis. Jahre der Tätigkeit ganzer Theaterkollektive, in erster Linie des Leningrader Kleinen Operntheaters, vergingen unter dem Zeichen der Propagierung neuester Errungenschaften der westeuropäischen Oper - der überspannten, unsittlichen und antiästhetischen Werke von Krenek, Alban Berg und Hindemith. In einem Buch über dieses Theater, erschienen 1936, wurde mit Begeisterung zu dem Spektakel Der Sprung über den Schatten vermerkt: 'Im Theaterorchester erklang mit größter Genauigkeit und rhythmischer Leichtigkeit die höchst komplizierte, nervöse und raffinierte Partitur eines Enthusiasten der atonalen Musik: Krenek.' Mit tiefer


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