wesentliche
Handlung sind. In Felsensteins Inszenierung eröffnet Antonias fast wütendes Üben von
stupiden Etüden am Spinett diesen Akt. In dem Moment, in dem sie diese Qual nicht
mehr auszuhalten scheint, erklingt das Klarinettenmotiv, das ihr Lied (Felsenstein, Nr.
20) über Hoffmanns Liebeslied einleitet. Der Musikeinsatz ist motiviert durch den
konkreten Anlass der Qual einer Sängerin an den Spinett- Etüden. Die Musik wird durch
Antonias Sehnsucht nach Hoffmanns Lied ausgelöst, sie muss singen. Dass der
Zuschauer das Klarinettenmotiv ihr zuschreibt, geschieht nur durch eine kleine
Kopfbewegung vor Einsatz des Motivs, die andeutet, dass sie sich vom Spinett löst. Dass
die Erinnerung an das gemeinsame Lied erst die Erinnerung an den Geliebten
hervorholt, verweist schon auf die Anlage des III. Aktes. Dass für Antonia Lied und
Hoffmann nicht zu trennen sind, erklärt der Text: »Nur in Dir [dem Lied] find ich
ihn [Hoffmann]. [. . . ] Nur durch ihn bin ich Dein.« Während der erste zitierte
Satz noch besagt, dass der nicht anwesende Geliebte durch sein Lied bei ihr
ist, benennt der zweite Satz, wem sie wirklich angehört: dem Lied, also der
Kunst. Beide Sätze zusammengenommen wird deutlich: ihr Lied ist Hoffmanns
Liebeslied gewidmet und ihm nur insofern, als er der Schöpfer dieses Liedes
ist.
Die szenischen Verrichtungen in Felsensteins Inszenierung der zweiten Strophe verraten einiges über Antonias Lieben und sind eine Konsequenz dessen, was Antonia zum Singen bewegt. Sie verdanken sich somit dem oben skizzierten Anlass ihres Liedes. Eine Blume mit einem der Szene eigentlich unangemessen harten Griff in die Hand nehmend und einige Blätter fast beiläufig abreißend fragt sie sich, ob Hoffmann sie noch liebe. Die Szene verdeutlicht, wie wenig Antonia innerlich Hoffmann zugewandt ist, bzw. ihn nur in Bezug auf ihre Kunst wahrnimmt. Die Geste gerät – beabsichtigt – zum Klischee, sie entspringt nicht einem echten Liebesgefühl, sondern einem prätentiösen Bild von sich als Liebender. Um die Gefühle an den Geliebten tatsächlich zu fühlen, braucht sie sein Lied. Damit exponiert Felsenstein in der ersten Szene den dramaturgischen Grundzug des Antonia-Aktes als »Sinnbild der Kunst, die Leben und Liebe preisgibt, um der Ekstase willen, verkörpert als schwindsüchtige Sängerin, die sterben muß, wenn sie singt, und von dem dämonischen Doktor Mirakel in den Tod getrieben wird.«84
Dieses Sinnbild wiederum existiert eigentlich nur als Vision Hoffmanns, was auch erklärt, das keine der Figuren – bis auf den Komponisten Hoffmann – eine Entwicklung durchläuft.85
Weil alles als Vision Hoffmanns geschieht, in der er seine Liebe zu Stella aufarbeitet, findet schon das Wiedersehen zwischen Antonia und dem Komponisten Hoffmann seinen Niederschlag nicht in einem Duett (Felsenstein, Nr. 24), das eigentlich keines ist: Die beiden singen nur wenige Takte zusammen. Im Wesentlichen |