Unterlegung wird vor allem das Geheimnisvolle und Erhabene der
schöpferischen Einbildungskraft Hoffmanns betont. Ohne die Klänge wäre die
Aufmerksamkeit auf das gerichtet, was Hoffmann sagt. Erst die Musik rückt den Prozess
des Dichtens in den Vordergrund, was in Anbetracht der oben geschilderten
Überlegungen Felsensteins zur Ausgangssituation Hoffmanns ausgesprochen stimmig
ist.
3.3.1.3 Olympia-Akt»Man muß ganz von der Figur, von der Situation ausgehen, wie sie im Stück gezeigt wird«,71
Nachdem in der 1. Szene in Luthers Keller exponiert wurde, dass Hoffmann aufgrund einer unglücklichen Liebe in eine Schaffenskrise geriet, die er als Dichter reflektierend auf sein eigenes Schicksal durch künstlerische Produktivität bewältigen soll, ist klar, dass der Olympia-Akt Hoffmanns erstes Produkt der Auseinandersetzung mit seiner Krise ist. Insofern stellt Felsenstein vollkommen berechtigt fest, dass Olympia »im Grunde doch Stella«72
»Wer ist Olympia? Im Grunde doch Stella [...], die von Hoffmann als so kalt angesehen wird, daß hier eine Puppe entsteht. Der merkwürdige Witz dabei ist aber, daß noch immer die Liebe Hoffmanns zu Stella zu spüren sein muß, das heißt, die Puppe Olympia setzt sich zusammen aus dem, was die Rachsucht, der Haß Hoffmanns erzeugt, und dem, was an Liebe dabei vorhanden ist.«74
Anerkennt man die beschriebene Ausgangssituation Hoffmanns, so ist das die einzig plausible Erklärung für die Verliebtheit Hoffmanns in eine Puppe. Der Wunsch des immer noch liebenden Hoffmann, sich von seiner unglücklichen Liebe Stella zu distanzieren, wird künstlerisch verarbeitet in der Konstellation des abgespaltenen Ichs (der studiosus Hoffmann), das in Olympia verliebt ist. Die Verarbeitung besteht darin, dass Hoffmann seine im studiosus inkarnierte Liebe von sich abspaltet und, indem er den studiosus eine Puppe lieben lässt, distanziert reflektiert. Dieser Form der Verarbeitung ist selbstverständlich anzumerken, wie sehr Hoffmann noch in seiner Krise steckt, seine unglückliche Liebe zu Stella wird keineswegs in seine Biografie integriert, sondern in einem drastischen, wirklich rachsüchtigen, hasserfüllten Bild gespiegelt.
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