ihretwegen
theatralisch realisierbar ist: An jeder Stelle der Szene spürt die Musik dem Gelingen von
Jagos Plan nach. Gerade die harmlosesten musikalischen Wendungen entlarven die
scheinheilige Perfidie seines Planes, indem der Zuschauer sie unweigerlich in einen
Zusammenhang zu dem stellt, was er sieht: einen verzweifelten, aufbrausenden, sich
gegen seine eigentlichen Gefühle wendenden Othello. Man verfolgt das Innerste eines
Menschen, das sich unter den intriganten Händen eines modernen Teufels aufspaltet und
dessen ungeheure innere Kraft, die ihn – als Mohr, als Aussenseiter – zum
erfolgreichen venezianischen Feldhern gemacht hat, sich nun in den Händen Jagos
befindet.
In diesem Zusammenhang erhält auch das Madrigal (II. Akt, 3.
Szene)58
Felsenstein/Masur streichen das Madrigal auf 16 Takte, was aufgrund der geschilderten
Konzeption überzeugend erscheint.
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seinen Sinn. Das Madrigal zeichnet musikalisch eine Idylle, die zum Bild für Othellos
Schmerz wird. Die Handlung des Madrigals – eine Blumenüberreichung an Desdemona –
findet als Nebenhandlung auf dem hinteren Teil der Bühne statt, während der Zuschauer
im Vordergrund den leidenden Othello sieht. Diese szenische Konstellation ist durchaus
der Partitur zu entnehmen, lässt Verdi doch zu den ersten zehn Takten des
Madrigals Jago Othello auffordern, Desdemona zu überwachen. Indem Verdi die
Verdächtigungen Jagos und das Madrigal ineinander übergehen lässt, bezieht er die
ansonsten bedeutungslose Huldigung Desdemonas auf die von Jagos Intrige
dominierte Gedankenwelt Othellos und fängt so, die Welt Desdemonas und die
Verdächtigungen Jagos kontrastierend, die beginnende Zerrissenheit Othellos
ein. Othellos Schmerz ist ein Abschiedsschmerz, die Musik schildert in dieser
Szene Othellos Erinnerungen an die Liebe zu Desdemona – eine Liebe, die hier
bereits einem Zweifel überantwortet ist, dem sie ersichtlich zum Opfer fallen
wird.
3.3. Felsensteins Offenbach-Verfilmungen
Felsensteins Auseinandersetzung mit dem Offenbachschen Oeuvre zieht sich
durch die ersten zwei Jahrzehnte seines Berliner Opernschaffens. Nach dem 2.
Weltkrieg inszenierte er ›Pariser Leben‹ 1945 am Hebbel-Theater. Seine zweite
Inszenierung an der Komischen Oper Berlin war ›Orpheus in der Unterwelt‹
im Jahr 1948. Es folgten ›Pariser Leben‹ (1951), ›Hoffmanns Erzählungen‹
(1958) und ›Ritter Blaubart‹ (1963 und 1965 in Frankfurt/Main). In diesem
Kapitel soll nun der Versuch unternommen werden, konzeptionelle Grundzüge der
beiden Verfilmungen Offenbachscher Werke, die Felsenstein erarbeitet hat, zu
entfalten. Es handelt sich um die Verfilmung von ›Hoffmanns Erzählungen‹ von
197059
Drehbuch und Regie: W. Felsenstein/G. Mielke, ML: K.-F. Voigtmann, B: R. Heinrich/R.
Zimmermann, 1970 Deutscher Fernsehfunk Berlin/ DEFA
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und ›Ritter
Blaubart‹ von 1973.60
Drehbuch und Regie: W. Felsenstein/G. Mielke, ML: K.-F. Voigtmann, B: W. Werz, 1973
Fernsehen der DDR/DEFA
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Der ›Hoffmann‹-Film geht auf Felsensteins Inszenierung an der Komischen Oper Berlin von 1958
zurück,61
vgl. Felsenstein. Schriften, S. 349
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die dem ›Blaubart‹-Film zugrunde liegende
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