1. EinleitungWalter Felsensteins wesentliche Regiearbeiten fanden an der Komischen Oper Berlin statt, der er von ihrer Gründung 1947 bis zu seinem Tod am 8.10.1975 als Intendant und Chefregisseur vorstand. Geboren 1901, erhielt er in Wien Schauspielunterricht, bevor er an verschiedenen Theatern als Schauspieler, Dramaturg und Spielleiter tätig war. Sein Weg zur Oper setzte spätestens mit seinen Tätigkeiten als Oberspielleiter der Oper an den Städtischen Bühnen in Köln (1932–34), Frankfurt/Main (1934–36) und Zürich (1938–40) ein. Die theoretische Beschäftigung mit dem Musiktheater – diesen Begriff prägte Felsenstein, um seine Kunst von den Resultaten der ›Opernbranche‹ abzusetzen – setzte in den 50er Jahren im engen Zusammenhang seiner kontinuierlichen Tätigkeit an der Komischen Oper Berlin ein. In mehreren Aufsätzen legte Felsenstein Grundzüge seines Theaterverständnisses dar, von dem er anschließend nicht mehr wesentlich abrückte. Seine vielbeachteten Inszenierungen wurden im Inland und auf mehreren Gastspielen auch im Ausland hoch gelobt. Er galt als der Begründer realistischen Musiktheaters, an seinem Haus wirkten später berühmt gewordene Regisseure wie Götz Friedrich und Joachim Herz als Dramaturg, Assistent und Regisseur. Felsenstein ist einer der wenigen Theaterpraktiker, die zumindest im Ansatz versucht haben, ihr Wissen zu systematisieren. In einer Zeit, in der subjektivistische Kunstauffassungen florieren – ob Kunst nun als Spiegel einer ›pluralen‹ Gesellschaft aufgefasst wird oder ›postmoderne‹ Realitätsauffassungen objektivierendes Wissen über jeglichen Gegenstand problematisieren – , scheint eine ›Methode‹, Musiktheater zu machen, verdächtig. Vielleicht ist dies einer der Gründe, warum ein stilbildender Regisseur knapp dreißig Jahre nach seinem Tod weitgehend unbeachtet scheint. Die ausführliche Auseinandersetzung mit seinen als Fernsehfilm dokumentierten Inszenierungen sowie vor allem mit seinen wissenschaftlichen Überlegungen zum Musiktheater scheint erst zu beginnen. Neben zwei ausführlichen Arbeiten existieren zwar durchaus einige Aufsätze, die sich interessanten Einzelphänomenen widmen, eine umfassende Untersuchung, die gerade den gewinnbringenden systematisierenden Zugriff Felsensteins herausarbeitet, gewährleisten sie jedoch nicht. Oft unterliegen Auseinandersetzungen mit Felsenstein zudem leider dem Systemvergleich der beiden deutschen Staaten, was der sachlich angemessenen Betrachtung – wie das betreffende Kapitel dieser Arbeit nachweist – nicht zuträglich ist. Die eine der beiden umfangreichen Auseinandersetzungen mit der Theaterarbeit Felsensteins, die 1964 erschienene Dissertation von Rudolf Münz,1
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