- 121 -Homann, Rainer: Die Partitur als Regiebuch 
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es den einen in die Wade biss, bindet der Förster es an. Der Abschluss dieser Szene bildet den Beginn einer Erinnerungssequenz: Der Förster schaut sich beim Hereingehen in das Haus nach dem Füchslein um, entdeckt irgendetwas Rätselhaftes in seinem Anblick, das ihn festhält, und kehrt zurück zum Füchslein. Die folgende Szene sei, weil sie zentral für Felsensteins Konzept ist,150
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Anlässlich seiner Inszenierung des ›Füchslein‹ an der Komischen Oper 1956 beschrieb er dem Darsteller des Försters, Rudolf Asmus, in einem ausführlichen Brief, in dem er einige Grundzüge seiner Konzeption darlegte, die Szene, wie sie auf der Theaterbühne stattfinden sollte. Felsenstein hielt es für unerlässlich, dass Asmus vor Probenbeginn diese Szene kennenlernte, was einen Rückschluss auf ihre Wichtigkeit zulässt. Deswegen sei die Beschreibung hier vollständig zitiert: »Nachdem der Förster das Füchslein angebunden hat, die Försterin, die beiden Buben und der Dackel abgegangen sind, kehrt der Förster (5. Takt nach Ziffer 11) noch einmal zurück und richtet – wie um eine Erinnerung zurückzurufen – seinen Blick sinnend ins Weite. Die Bühne wird dunkel (Verwandlung). Im 14. Takt nach Ziffer 11 richtet sich das Füchslein im Schlaf auf, und wir sehen mit ihm im Mondlicht denselben Wald, in dem es gefangen wurde, wobei aber Teile der Försterei in dem nächtlichen Waldbild erkennbar bleiben. Das Füchslein reckt sich, an der Kette zerrend, sehnsüchtig dem Wald entgegen und sinkt (10. Takt nach Ziffer 12 bis Ziffer 13) wieder klagend zurück in den Schlaf. Die Bühne wird abermals dunkel. Im 6. Takt nach Ziffer 13 erscheint abermals der Wald, und an derselben Stelle, wo wir ihn zuletzt gesehen haben, steht der Förster. Diesmal in Joppe, Hut und mit umgehängtem Gewehr. Er richtet seinen Blick wieder zurück auf das Füchslein. Aber da erhebt sich (8. Takt nach Ziffer 13) an der Stelle, wo das Füchslein schlief, ein schönes, ebenso graziles wie starkes Mädchen vom Boden und geht, ohne den Förster zu sehen, langsam bergan in den Wald, auf dessen Höhe sie im Mondlicht stehen bleibt. Der Förster, leidenschaftlich bewegt, geht (6 Takte vor Ziffer 14) ihr nach und will sie umarmen. Das Mädchen fährt (Ziffer 14) erschreckt herum, schwankt, vom Förster festgehalten, eine Weile zwischen Faszination und Abwehr, reißt sich (5. Takt nach Ziffer 14) los und läuft in den Wald. Der Förster bleibt mit ausgebreiteten Armen stehen und geht ihr (10. Takt nach Ziffer 14) nach. Während der Wiederholung des Themas verschwindet das Bild in völligem Dunkel, die Bühne wird (einen Takt vor Ziffer 15) wieder hell, und man sieht das Füchslein und den Dackel im morgendlichen Försterhof nebeneinander vor der Hundehütte liegen.« Zit.: nach Kobàn (1997), S. 85f.
im genauen Ablauf zum musikalischen Verlauf geschildert:151
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Die Taktangaben beziehen sich auf: KA. Universaledition, 1952. Im Anhang findet sich das komplette Intermezzo mit den eingetragenen Kameraeinstellungen, markiert durch ihre nachfolgende Nummerierung.

  1. Füchslein angebunden, an der Leine ziehend (ab 9 Takte nach Ziffer 11)
  2. Zoom auf sein Gesicht bis in die Nahaufnahme der Augen (Takt 11 bis 13 nach Ziffer 11)
  3. Langsame Überblende in den Wald, so dass man den Wald in den Augen des Füchslein erscheinen sieht (Takt 14 bis 17 nach Ziffer 11)
  4. Sehr langsamer, zeitlupenhafter Schwenk durch den Wald, währenddessen immer wieder Einblendungen der Augen des Füchslein (Takt 18 nach Ziffer 11 bis 5 Takte vor Ziffer 13)
  5. Kamerafahrt zurück, das Füchslein in der Totalen (4 Takte vor Ziffer 13 bis Ziffer 13)
  6. Schnitt auf den Förster und anschließender Zoom auf sein Gesicht (3 Takte bis 5 Takte nach Ziffer 13)
  7. Schnitt auf die Augen des Füchslein (6 Takte nach Ziffer 13)


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