- 59 -Hinz, Christophe: Analyse und Performance mit der Software RUBATO 
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      a) T. 5–12: a-moll -->E-Dur

      b) T. 13–22: a-moll -->C-Dur

      c) T. 23–30: e-moll -->H-Dur

      d) T. 31–40: e-moll -->C-Dur

Vier Eigenschaften dieser Verteilung der Tonarten sind bemerkenswert:

  • Alle Abschnitte beginnen in einer Moll-Tonart und enden in Dur.
  • Aufgrund einer gemeinsamen Anfangstonart jeweils der beiden ersten und der beiden letzten Abschnitte kommt ein deutlicher Schnitt zwischen ihnen zum Vorschein.
  • Abschnitte a) und c) enden in der jeweiligen Dominanttonart.
  • Abschnitte b) und d) enden in der terzverwandten Tonart C-dur.

Der mittlere Teil der Etüde (T. 41–56) wird charakterisiert durch eine harmonische Instabilität. Eröffnet wird er mit einem verminderten Septakkord, denen zwei Kadenzen in As-Dur bzw. E-Dur folgen. Diese Kadenzen sind zwar funktional eindeutig, beide Tonarten sind im Quintenzirkel aber so weit voneinander und der Anfangstonart entfernt, dass ihre strukturelle Rolle mysteriös bleibt. Die T. 49–56 bauen diese Unklarheit noch aus, indem schnell wechselnde und chromatisch eingeleitete (aber funktionsharmonisch nicht eindeutig klassifizierbare) Akkordfolgen aufweisen.

Mit einem harmonischen Pedal auf der Dominante kehrt in den T. 57–60 eine gewisse tonale Stabilität zurück, doch der dissonante, fast martellato gespielte melodische Hauptgedanke stellt diese Stabilität wieder in Frage (Abbildung 4.13).



Abbildung 4.13: Etüde Nr. 11, T. 59–60, linke Hand. Dissonanz zwischen dem Bass und dem melodischen Hauptgedanken.


Takt 59 bildet ebenfalls den Anfang eines Abschnittes, der auf einer eindeutigen harmonischen Funktion beruht – ein verminderter Septakkord –, die in den T. 59–61 auf einem E im Bass ruht und somit eine Dominantfunktion ausübt. Diese zehntaktige ›Pause‹ auf der Dominante ist in der ganzen Etüde einmalig und sollte bei der Interpretationsgestaltung besonders beachtet werden.

Mit T. 69 setzt eine genaue Wiederholung der T. 5–12 ein – die einzige im ganzen Stück. T. 77 gibt dann zwar erst den Anschein, die Wiederholung weiterführen zu wollen, doch mit dem G im Bass (T. 79) wird eine unerwartete Tür zu zwei von Chromatik und harmonischer Instabilität geprägten Takte (81–82) weit geöffnet (Abbildung 4.14).

In der angelsächsischen Musikwissenschaft wird eine praktische Terminologie weiträumig benutzt, um drei Arten von Sextakkorden mit Ländern zu designieren: italienisch, französisch und deutsch. Darunter werden Dominantakkorde mit verminderter Quinte verstanden, die funktionstheoretisch die Rolle einer Doppeldominante übernehmen. Der italienische Sextakkord beruht auf einem Dominantseptakkord ohne Grundton (in C-dur folglich Fis–As–C); der französische Sextakkord,


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