Abbildung 8.1 zeigt in jeder Hinsicht keine besonders große Vielfältigkeit. Die Bindebögen überspannen in den meisten Fällen einen bzw. zwei Takte, selten einen halben und nur zweimal einen Vierteltakt (T. 46). Auch die Schemata der Akzentenverteilung sind sehr regelmäßig, so dass insgesamt in dieser Etüde die Redundanz der artikulatorischen Parameter sehr hoch ist. Trotz dieser einfachen Strukturierung sind in der Etüde Nr. 12 vier artikulatorische Besonderheiten zu finden, die in der Perspektive einer Interpretation von Wichtigkeit sein können:
8.1.2. Globale DynamikAlle Angaben zur globalen Dynamik sind in gewohnter Form in der Abbildung 8.3 angezeigt. Da sie in der Henle-Ausgabe alle ohne Ausnahme zwischen den Systemen notiert wurden, haben sie für beide Hände Gültigkeit. Es steht ohne Zweifel fest, dass diese Etüde laut klingen soll. Neben zwei forte-Angaben hat Chopin ein fortissimo und ein dreifaches forte angegeben, sowie ein recht eindeutiges, sich auf dreieinhalb Takte hinziehendes ›Il piu forte possibile‹. Eine Ausnahme bilden zwei kurze decrescendi, bei welchen die Lautstärke für eine begrenzte Zeit unter das forte absteigt, aber ihre Rolle ist marginal. Viel bedeutender sind dagegen die beiden, sich auf zwölf bzw. zehn Takte hinziehenden crescendi. Progressive dynamische Veränderungen dieser Länge sind im Repertoire recht selten, und sie können hier als ein sehr charakteristisches parametrisches Merkmal der Etüde Nr. 12 betrachtet werden, welches in der Interpretation deutlich herausgehoben werden sollte. Diese beiden langen crescendi bieten die Gelegenheit, auf ein methodologisch-interpretatorisches Problem hinzuweisen, nämlich die Schwierigkeit, eine passende |