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Abbildung 8.2: Etüde Nr. 12, T. 18 und 24. Unregelmäßige Notation der Akzente.


Abbildung 8.1 zeigt in jeder Hinsicht keine besonders große Vielfältigkeit. Die Bindebögen überspannen in den meisten Fällen einen bzw. zwei Takte, selten einen halben und nur zweimal einen Vierteltakt (T. 46). Auch die Schemata der Akzentenverteilung sind sehr regelmäßig, so dass insgesamt in dieser Etüde die Redundanz der artikulatorischen Parameter sehr hoch ist.

Trotz dieser einfachen Strukturierung sind in der Etüde Nr. 12 vier artikulatorische Besonderheiten zu finden, die in der Perspektive einer Interpretation von Wichtigkeit sein können:

  • Der kontinuierliche Notenfluss wird nur ein einziges Mal – im letzten Takt – mit einer Viertelpause unterbrochen, dann aber auch in beiden Händen. Dieser Pause folgen Akzente in beiden Händen, die ihre Wirkung noch verstärken.
  • Das zweitaktige Akzentmuster in den T. 15–20 ist sehr charakteristisch und wird mehrmals im Verlauf der Etüde benutzt.
  • Die vierteltaktigen Bögen in T. 46 bringen eine einmalige Abweichung zu den regulären Akzentmustern mit sich, indem auch die letzte Viertel des Taktes mit einem Akzent versehen ist.
  • Die acht Akzente in den T. 81–82 stellen ebenfalls einen wichtigen Einzelfall dar.

8.1.2.  Globale Dynamik

Alle Angaben zur globalen Dynamik sind in gewohnter Form in der Abbildung 8.3 angezeigt. Da sie in der Henle-Ausgabe alle ohne Ausnahme zwischen den Systemen notiert wurden, haben sie für beide Hände Gültigkeit.

Es steht ohne Zweifel fest, dass diese Etüde laut klingen soll. Neben zwei forte-Angaben hat Chopin ein fortissimo und ein dreifaches forte angegeben, sowie ein recht eindeutiges, sich auf dreieinhalb Takte hinziehendes ›Il piu forte possibile‹. Eine Ausnahme bilden zwei kurze decrescendi, bei welchen die Lautstärke für eine begrenzte Zeit unter das forte absteigt, aber ihre Rolle ist marginal. Viel bedeutender sind dagegen die beiden, sich auf zwölf bzw. zehn Takte hinziehenden crescendi. Progressive dynamische Veränderungen dieser Länge sind im Repertoire recht selten, und sie können hier als ein sehr charakteristisches parametrisches Merkmal der Etüde Nr. 12 betrachtet werden, welches in der Interpretation deutlich herausgehoben werden sollte.

Diese beiden langen crescendi bieten die Gelegenheit, auf ein methodologisch-interpretatorisches Problem hinzuweisen, nämlich die Schwierigkeit, eine passende


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