- 16 -Heise, Walter: die Bringer Beethovens 
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Der "mensch M.": Typischer Querulant, Werkzeug des Volksfeindes, Dissident, Verächter des gesunden Volksempfindens: "jeder fragte ihn, was er habe / gegen Beethoven". Man begegnet ihm vermittelnd mit sanftem Druck, stellt den Fuß hinter die Schwelle, - lobt aber auch Lobenswertes. Der geplante Zufall spricht für methodisches Geschick.

Der mit Musik dauernd Beschäftigte nimmt die "Bringer Beethovens" in besonders ausgeprägter Weise auf unterschiedlichen Verstehens- und Assoziationsebenen auf. In ständiger Gefahr, Zusammenhänge zu wörtlich zu nehmen, verfehlt er deren übertragenen Sinn. Allerdings: Die "Aussage" könnte auch einen so hohen Allgemeinheitsgrad besitzen, daß sie allzu fachspezifische Überlegungen rückwirkend legitimiert. Dem Didaktiker drängt sich in diesem Sinne ein Abschnitt des Gedichtes als sehr charakteristisch auf, der kurz als "Besuch der 'bringer' bei M. " zu bezeichnen wäre. - Die "Szene" beschreibt -isoliert betrachtet- Vorgänge, die im Unterricht häufig zu beobachten sind: Der Lehrer stellt "hinter die schwelle den fuß", -er nutzt jede Gelegenheit, Zugang zu den Schülern zu gewinnen, sobald sie sich ihm noch so beiläufig öffnen. Das auf allgemeinverbindliche Wertschätzungen abgestimmte Lob wirkt derart aufschließend, daß die Gelegenheit, "zur Sache zu kommen", sofort ergriffen wird. Spätestens zu diesem Zeitpunkt merkt der Schüler, daß er einem methodischen "Einstiegstrick" aufgesessen ist.

Konkrete Beispiele finden sich immer wieder in Stundenprotokollen, -aber auch (verdeckt) in Unterrichtshilfen u.ä. unterrichtspraktischen Arbeiten. So wird etwa der Weg von der POP-Musik-Fassung zum Original selbst dann noch für redlich gehalten, wenn der Einstieg über die von Schülern allein akzeptierte "moderne Musik" (= populäre Musik) nur als motivierender Vorwand genommen wird. Die in vielen Klassen bei den Stichworten "Beethoven", "Mozart", "Strawinski" usw. deutlich artikulierte Abneigung ist wenigstens zum Teil aus dem Unvermögen zu erklären, für die geistig anspruchsvolle Annäherung an das unverwechselbare Kunstwerk sachbezogen zu motivieren.


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