- 344 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
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Das vom Konzertbureau Emil Gutmann arrangierte Konzert, das heute abends zum Besten des Österreichisch-Ungarischen Hilfsvereins und der Armen Münchens im Kaim-Saal gegeben wurde, fand ein distinguiertes und überaus zahlreiches Publikum. Der Name Gustav Mahler und die erste Münchener Aufführung seiner Sechsten Symphonie unter seiner Leitung hatten [. . . ] die erwartete Anziehungskraft ausgeübt. Vom königlichen Hause waren erschienen: Prinzessin Gisela, Prinz Ludwig Ferdinand mit Gemahlin und Sohn und Prinzessin Klara; der Hilfsverein war durch seinen Ehrenpräsidenten den Gesandten Dr. v. Belics vertreten; unter den anwesenden Dirigenten und Komponisten sah man Felix Mottl, Stavenhagen, Schillings und andere; das Hoftheater war durch Intendant Baron von Speidel vertreten. [. . . ] Prinzessin Gisela ließ ihn sich sodann [nach dem Applaus zur Symphonie] durch den Gesandten Dr. von Belics vorstellen, ebenso die übrigen Mitglieder des königlichen Hauses, wobei besonders Prinz Ludwig Ferdinand, der ein großer Musikfreund ist, die empfangenen Eindrücke im Gespräche mit Mahler lebhaft um Ausdruck brachte. Das Orchester spielte sodann gleichfalls unter Mahlers Leitung das Vorspiel zu den Meistersingern, und als sich wiederum langanhaltender Beifall erhob, übertrug Mahler dankend mit Gesten das Verdienst auf das Orchester. Schließlich dirigierte er noch die Orchesterbegleitung zu den von der Altistin Lilly Koenen vorgetragenen Liedern von Richard Strauß, Weingartner und Hugo Wolf. Ernst von Dohnanyi spielte hierauf Liszts Klavierkonzert in Es-Dur, wobei Bernhard Stavenhagen das Orchester dirigierte, indem er für Mahler einsprang; denn dieser eilte unterdessen zum Bahnhof und reiste um 10 Uhr nach Wien ab. [M06/F]

Da war es denn ein vortrefflicher Gedanke Emil Gutmanns, des Sohnes Eures Wiener Konzertdirektors, seine Münchener Wirksamkeit durch die Einladung Mahlers zu einem großen, dem Österreichisch-Ungarischen Hilfsverein zugute kommenden Wohltätigkeitskonzert zu eröffnen. Es war gestern ein großer Abend, das erste »Ereignis« der beginnenden Saison, und alle, die im künstlerischen und gesellschaftlichen Leben Münchens eine Rolle spielen, waren zugegen, voran der Hof, vertreten durch den kunstsinnigen, ebenfalls komponierenden Prinzen Ludwig Ferdinand. [. . . ] Du weißt ja, wie penibel Mahler bei der Einstudierung eines jeden Werkes vorgeht, wie es für ihn nichts Nebensächliches gibt, sondern alles, selbst das Kleinste, mit liebevoller Sorgfalt behandelt wird. Ich durfte den sonst unzugänglichen Proben beiwohnen und hatte so Gelegenheit, die wohl einzig dastehende Art des Mahlerschen Probierens kennen zu lernen. [M06/G]

Eine glänzende Gesellschaft – das Konzert fand zu Gunsten der Öster.-Ungar. Hilfsvereins vor Attachés, Offizieren, dekolletierten Damen aus der jeunesse dorée statt – legte dem gefeierten Wiener Dirigenten und Komponisten ihre kritiklose Ovation zu Füßen. Das war bei Mahler in München sonst durchaus nicht der Fall. Nach der vierten und fünften hat man gepfiffen! Nach den teils direkt absprechenden, teils vorsichtig reservierten Urteilen der Kritik nach den beiden Aufführungen der sechsten Symphonie in Essen (Tonkünstlerfest) und Berlin durfte man fast sicher annehmen, daß die hiesigen Anti-Mahlerianer ihre Mühlen wieder mahlen würden. [. . . ] Wenige Tage später wiederholte Stavenhagen in einem Volkssymphoniekonzert die VI. Symphonie. [M06/H]

Zu den Sensationen des Konzertlebens zählte die Vorführung von Gustav Mahlers sechster Symphonie durch den Komponisten selbst und das Kaim-Orchester. [. . . ] Die Symphonie wurde übrigens ebenfalls bald wiederholt, und zwar in einem der in diesem Winter unter Bernhard Stavenhagens rühriger Leitung stehenden Volkssymphoniekonzerte. [M06/I]

In dem Konzert des Oesterreichisch-Ungarischen Hilfsvereins, in dem die Mahlersche Sinfonie, [. . . ] zur Vorführung kam [M06/J]

folgte die einstimmige Ablehnung des Werkes von Seiten der Kritik; bedingt oder unbedingt – der Sinn war überall klar dieser: dem genialen Dirigenten, dem tatkräftigen Leiter der Hofoper verzeiht man soviel Musik, auch wenn sie noch weniger zu sagen hätte, als diese. [. . . ] wenn man Gelegenheit hatte, Mahler in den Proben zu beobachten. Nie hörte man ihn eine Stimme dämpfen; nichts war ihm laut genug. Clarinetten und Oboen mußten immer wieder die Schallbecher nach oben richten, das Blech konnte nicht energisch genug dreinblasen; und wenn eine wesentliche Stimme im polyphonen Gefüge auf diese Art verwischt wurde, gab es nie ein Abtönen, nur ein Auftönen: die Thematische Stimme hatte Strich- oder Lungenkraft zu verdoppeln, daß sie nicht verschwände, anstatt daß die contrapunktischen Stimmen sich moderierten. [W07/A]

Die Aufführung am Novitätenabend des Konzertvereines [W07/B]

Die Sensation des vorjährigen deutschen Musikfestes in Essen, die Sechste Symphonie G. Mahlers, ist gestern unter der Flagge des Wiener Konzertvereines nunmehr auch im heimatlichen Hafen

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