- 324 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
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das gleichfalls [wie der 1. Satz] recht geräuschvolle Scherzo [. . . ] es ist in seinem Hauptteil trotzig gehalten, nimmt zeitweilig den Charakter eines spanischen Tanzes an, basiert teilweise auf einem Thema des ersten Satzes und wird zweimal durch ein gesucht-altväterisches melodisches Trio (Alternativ) unterbrochen, in dem der 7/8-Takt 3/8 + 2/4) sehr geschickt verwandt wird; diese Taktart läßt sich zuweilen vom 3/4-Takt ablösen. [B06/E]

Der dritte Satz, ein Scherzo, ist erst herb, als ob Zyklopen tanzten, dann scheinen auch seitwärts zierliche Wesen auf blumigem Grunde zu hüpfen. Das Holzinstrument klappert, die Herdenglocken klingen, und in immer neuen Rhythmen bewegt sich das seltsame Leben, das endlich in tollen Uebermut ausbricht. [B06/G]

das groteske Scherzo [M06/B]

Kreislerisch ist auch der barocke und auch wieder anheimelnde Humor des »Scherzo«, in dessen absonderliches Gebahren sich »altväterische Tanzweisen« lieblich einmischen. [M06/G]

Das Scherzo ist eine Art modernisierter Bach [M06/H]

Noch das Scherzo weckt viel Wohbehagen, besonders durch das altväterische Grazioso seines Mittelsatzes voller Feinheiten und Finessen. Das ist alles ganz schön und gut, indes – lieber durch Leiden möcht’ ich mich schlagen, als soviel Freuden des Lebens ertragen! Schon der Hauptteil des Scherzo rebelliert kräftig gegen dieses Schwelgen in Empfindsamkeit und Unschuld. [W07/B]

Der dritte Satz, das Scherzo sucht durch perversen Witz und Lärm den mangelnden musikalischen Humor zu ersetzen, das Trio seine Wirkung in einer rhythmischen Bosheit. Es bringt eine erklügelte altväterische Tanzmelodie, zu der vielleicht Michael Haydn unbewußt Gevatter gestanden, aber in einer unerträglichen Verzerrung; dreiteilige und vierteilige Rhythmen wechseln taktweise, so daß sich der Zuhörer über den – unsichtbaren – tölpischen Tänzer ärgert, der jeden Augenblick aus dem Takt fällt, und den Mittänzern – den rhythmischen Empfindungen – auf die Zehen tritt. Und dabei will der Tölpel nicht zu tanzen aufhören. Als angenehme Abwechslung folgt darauf eine – wie ein Konzertnachbar etwas unkritisch, aber treffend bemerkte – ungeheure »Orchesterblähung«, bald darauf wird auf der Oboe – abgeblasen und das zweifelhafte Tanzvergnügen zerfließt schließlich in ein paar leisen Paukenschlägen. [W07/C]

Umso kräftiger und anregender pocht der musikalische Puls im Scherzo. Eigentlich ein breitschrötig stampfendes Menuett, mit einem sittsam geschürzten Ländler als Trio-Einsatz. Dieser ergötzliche Rüpeltanz mit seinem Wechsel von »hanebüchenen« und »altväterischen« Weisen ist ein Meisterstück kontrapunktischer Mache und überschäumt von einem wahrhaft olympischen Humor. Wie von einem weltüberlegenen Standpunkt zieht und lenkt Mahler mit souveräner Laune die Fäden dieser Marionettenwelt. Die Musik schneidet Grimassen und schlägt Purzelbäume, daß es eine Art hat. Dann wieder das kofigste Gedankenspiel, schäferne Neckgeister entsteigen den Rohren der Instrumente und voltigieren über Saiten und Stege. Es ist, als ob lichtumflossene Feenkinder von unzweifelhaft wienerischer Herkunft den Faunen und Kobolden den Spielplatz streitig machen würden. Dann aber schließen sie Frieden und vereinigen sich gar zu gemeinschaftlichem Spukbetrieb. Eine Partie, wo mit jedem Takt der Vierachtel- und Dreiachtel-Rhythmus abwechseln, ist, mit Konsequenz und Geschick durchgeführt, von besonderem Reiz. [W07/D]

das Scherzo mit seiner geistsprühenden Rhythmik [W07/F]

Anspruchsvoll, zu anspruchsvoll finde ich selbes [das Prädikat »tragische«] insbesondere gegenüber den beiden Mittelsätzen, dem lyrisch-süsslichen Andante und dem überwiegend behäbigen (im Trio sogar vom Komponisten ausdrücklich altväterisch genannten Scherzo. An wirkliche Tragik kann da doch niemand denken. [W07/G]

das Scherzo fesselt durch seine geistvolle Rhythmik [2. Teil:] Ein wahres Paradigma des musikalisch-Geistreichen, namentlich auf dem Gebiete der Rhythmik. [. . . ] Das Scherzo (A-moll) beginnt, an Motive des ersten Satzes anspielend, mit wild auftrappenden Rhythmen, mit einer Art höllischer Bauernball-Lustigkeit; wenn aber das mit dem Hauptteil verwobene Trio »altväterisch« erklingt, denkt man wirklich nicht etwa an des Teufels Großmutter, sondern an unsere eigenen Großmütter und Großväter, die solche Ländler tanzten, wenn auch keine so geistreich zwischen gerader und ungerader Taktart schaukelnden. Dazu eine Fülle rhythmischer und melodischer Varianten, die hier immer logisch und überzeugend bleiben. [W07/H]


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