- 276 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (275)Nächste Seite (277) Letzte Seite (410)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

einer Weise ausgenützt, die nicht nur ungemein lehrreich ist, sondern geradezu als vorbildlich angesprochen werden kann. [. . . ] Ich widerstehe der Versuchung, von den instrumentalen Reizen des Werkes mehr zu berichten, [M06/E]
Da sah man denn, daß dieser merkwürdige Mann nicht nur auf dem Papiere, sondern auch in der Praxis bis ins kleinste Detail hinein die Instrumente zu benützen vermag, ihnen sozusagen ihre letzten Geheimnisse abgelauscht hat. Wie ist zum Beispiel das Schlagwerk in diesem Werke behandelt! Da sieht man erst, was für ungeahnte Möglichkeiten es noch gibt. Mahler ist geradezu Spezialist der Schlaginstrumente. Du wirst mich recht verstehen, und wir sind uns wohl darüber einig, daß das Schlagwerk – kulinarisch gesprochen – nur gewissermaßen das Gewürz bedeutet, daß es nur ein Ingredienz des Gerichte ist, das natürlich an und für sich von guter Qualität sein muß, um dann durch die entsprechenden Zutaten den richtigen Geschmack zu erhalten. Schaff Dir also schleunigst, wenn Du es nicht schon getan hast, die kleine, für wenige Kronen erhältliche Studienpartitur an. Da wird Dir denn eine erstaunliche Zusammenstellung entgegentreten. Ueber die fünffachen Holzbläser, die acht Hörner und die sechs Trompeten wirst Du wohl nicht weiter verwundert sein, aber die Zusammensetzung des Schlagzeugs wird Dir doch noch eine Ueberraschung bieten. Nun, ich will Dir’s gleich verraten. Außer Glockenspiel, Stahlplattencelesta, großer und kleiner Trommel, Triangel, Becken, Tambourin und Tamtam wirken noch eine Rute (die ja schon Mozart in der »Entführung« verwendete), Holzklapper, Xylophon, ein großer Hammer, tiefes Glockengeläute und – Herdenglocken mit. Das scheint zwar seltsam, ergibt aber ganz erstaunliche poetische Wirkungen. [M06/G]

des Mahlerschen Schaffens, das jetzt Herdenglocken, Xylophon, Besen und Holzhämmer als ultima ratio betrachtet. [M06/H]

Das bewußte Trachten Mahlers nach bisher nicht dagewesenen Effekten und Effektmitteln, eben um des bloßen Effektes Willen, tritt allgemach doch immer unverhüllter hervor, fördert aber doch im Grunde immer das nämliche Gesamtergebnis oder, noch schlimmer, immer blasser wirkende Abbilder des früheren zutage. [M06/I]

die verwendeten Lärminstrumente [. . . ] wie sie denn alle heißen, Xylophon, Rute, Hammer, Herdenglocken usw. [. . . ] daß vor allem die Instrumentation stellenweise auf reinmusikalischem Wege, insbesondere durch die meisterhafte Ausnutzung der Holzbläser, Großartiges gibt [M06/J]

Hypertrophie klanglicher Sensationen [W07/A]

Die Instrumente, die Mahler heranzieht, sind zum Teil neuer, wenn auch nicht ganz unbekannter Art, zum Teil seltsamen Charakters, weil hier die Grenzen ihrer Verwendungsmöglichkeit quantitativ und qualitativ erweitert werden. Auf die Frage, wozu der Komponist diese Celesta mit ihren schwingenden Stahlstäben, das Xylophon, Herdenglocken, Tamtam, Becken, Ruten und sogar einen Hammer benötigt, weshalb die anderen althergebrachten Instrumente sich in bisher ungewohnten Lagen bewegen müssen, auf diese Frage könnte nur einer Antwort geben, nämlich der Komponist selber. Für den Hörer kommt nur das fertige Ergebnis in Betracht, und man muß sich sagen, daß die Klänge dieser Symphonie mitunter absonderlicher Art, sehr oft aber von einer Feierlichkeit und Schönheit erfüllt sind, die es für den Genuß gleichgiltig erscheinen läßt, welche Mittel hiezu aufgewendet werden. Wer vor einem Gemälde steht, will auch nicht wissen, wieviele Farben der Maler auf seiner Palette zerrieben hat, sondern er will das Ergebnis, das Bild als Ganzes auf sich wirken lassen. Vorausgesetzt natürlich, daß dieser Beschauer künstlerischen Genusses fähig und willig ist. Es fällt niemandem ein, zu fragen, weshalb der Maler, der einen Farbenrausch auf die Leinwand bannt, so viele und so besondere Farben brauchte, da doch andere, selbst viel größere Meister mit wenigeren ihr reichliches Auslangen gefunden haben. Nur der Künstler selbst weiß, was er an Ausdrucksmitteln nötig hat. Das bedeutet gar keine Not im Sinne einer Aermlichkeit, sondern im Sinne eines übermächtigen Verlangens, das sich auch neue Mittel zur Befriedigung zu beschaffen vermag, und am Ende wird aus dem scheinbaren Mangel ein Gewinn, der auch Späteren zugute kommt. Zu diesen Späteren gehört nicht in letzter Reihe auch der Komponist. In dieser Sechsten hat Mahler viel mit Klangfarben experimentiert. Den Nutzen daraus soll vor allem er selbst ziehen. [W07/B]

alles wird in bizarren Klang- und Schalleffekten ertränkt, die sich bis zu unmusikalischen Geräuschen versteigen, an denen die verstärkten Schlagwerke, die gestopften Trompeten, Xylophon und Celesta ihren redlichen Anteil tragen. [W07/C]


Erste Seite (i) Vorherige Seite (275)Nächste Seite (277) Letzte Seite (410)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 276 -Hanheide, Stefan: Mahlers Visionen vom Untergang